bioSicherheit: Sie haben gerade einen Hauptvorwurf der Gentechnikkritiker formuliert: Man orientiert sich am herrschenden Stand des Wissens und ignoriert abweichende Meinungen.
Daniel Barben: Ich glaube, das ganze Problem als eines der Unterdrückung oppositioneller Meinungen abzutun, das greift zu kurz. Eher ist ein Problem, dass es oft schwierig sein kann, bestimmte Studien nachzuvollziehen, weil Sicherheitsforschung ja so unglaublich aufwändig ist, dass sich entsprechende Studien nicht so leicht replizieren lassen. Da hat man es natürlich auch mit Machtverhältnissen zu tun, unterschiedlichen Kompetenzen, Kapazitäten, die an einigen Stellen ganz massiv ausgebildet sind und an anderen nicht.
Studien mit abweichenden Ergebnissen werden ja in der Regel einer kritischen Prüfung unterzogen, und wenn an den Ergebnissen wirklich etwas dran ist, dann würde ich schon so viel Vertrauen haben, dass dem auch tatsächlich nachgegangen wird. Und sollten in der Sicherheitsforschung Risiken unter den Tisch gekehrt werden, kann man durchaus optimistisch sein, dass es korrektive Mechanismen gibt, die das aufdecken werden – etwa, dass Beteiligte, die damit nicht einverstanden sind, entsprechende interne Informationen weitergeben. So sind ja auch die großen Betrugsskandale in den Biowissenschaften aufgedeckt worden, selbst wenn gefeierte Berühmtheiten davon betroffen waren. Ein anderer korrektiver Mechanismus ist sicherlich, dass es einen enormen Ansehensverlust und auch offene Flanken für Rechtsverfahren mit sich bringen würde, wenn Risiken auftreten und klar wird, dass sie bekannt waren und verschwiegen wurden. Man muss einfach im Blick haben, dass alle Akteure auf der Basis operieren, dass sie als legitim anerkannt werden. Und ein Legitimitätsverlust kann die Existenzgrundlage eines Forschers, eines Institutes oder eines Unternehmens ruinieren.
bioSicherheit: Aber wenn Sie sich die öffentliche Diskussion um Grüne
Gentechnik ansehen - da erhalten gentechnikkritische Studien viel Gehör, und das Vertrauen in die etablierte Wissenschaft, dass diesen möglichen Risiken nachgegangen wird, ist eher gering ausgeprägt.
Daniel Barben: Nun ja, in einem kontroversen Feld werden natürlich Studien dankbar aufgenommen, die die eigene Position stützen – zumal wenn sie wissenschaftlich argumentieren. Doch Akzeptanzstudien haben immer wieder gezeigt, dass die Wissenschaft eine hohe Glaubwürdigkeit besitzt. Und es ist ja auch auffällig, dass bei
Greenpeace und anderen Organisationen oft frühere Wissenschaftler tätig sind. Aus Sicht einer NGO kann man Aufmerksamkeit am besten generieren, indem man auf Probleme verweist, und so, wie die Medienlandschaft funktioniert, ist klar, dass gerade Probleme aufgenommen und in gewisser Weise auch verstärkt werden. Trotzdem habe ich aber meine Zweifel, ob das tatsächlich dazu führt, dass breite Teile der Bevölkerung der etablierten Wissenschaft ihre Anerkennung und Wertschätzung entziehen.