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12.04.2013 | 14:39

EU-Lebensmittelpolizei im Fleischskandal gefordert

Pferdefleischskandal
(c) proplanta
Lebensmittelsicherheit: Was macht die EU?

Die Europäische Union spielt in Sachen Lebensmittelsicherheit nur eine Nebenrolle. Die Hauptrolle haben die Regierungen der 27 EU-Staaten. Die EU-Kommission will aber die Regierungen zu schärferem Durchgreifen gegen Lug und Trug bei Lebensmitteln bewegen. Forderungen nach einer europäischen Lebensmittelpolizei sind unrealistisch.


Warum kontrolliert die EU nicht besser, ob etwa in einer Tiefkühl-Lasagne Pferdefleisch oder Rindfleisch drin ist?

Die EU hat keine eigenen Kontrolleure. Die Kontrolle ist Sache der einzelnen Staaten - in Deutschland sind die Bundesländer für die Überwachung von Lebensmitteln zuständig. Sie müssen prüfen, ob die EU-Vorschriften eingehalten werden. Sie veranlassen auch, dass Produkte vom Markt genommen werden. Beispielsweise müssen Importeure und Verarbeiter von Fleisch genau Buch führen, von wem sie welches Fleisch bekommen und was damit passiert. Und die nationalen Behörden müssen prüfen, ob sie das auch richtig tun. Forderungen wie jetzt von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach einer neuen europäischen Lebensmittelpolizei sind daher nicht umsetzbar.


Was macht das Lebensmittel- und Veterinäramt der EU?

Diese Stelle prüft an Ort und Stelle in den Mitgliedstaaten nur, ob dort die EU-Bestimmungen auch wirklich eingehalten werden. Wenn die Inspektoren sehen, dass die nationalen Behörden nicht optimal arbeiten, machen sie den Regierungen Vorschläge für Verbesserungen.


Was ist geschehen, seit es Anfang des Jahres die ersten Funde von falsch deklariertem Pferdefleisch gab?

Die EU-Kommission hat den Regierungen empfohlen, einen Monat lang Tausende von Fleischproben zu untersuchen. Einerseits soll per DNA-Tests Pferdefleisch gefunden werden. Andererseits soll herausgefunden werden, ob dieses Fleisch Phenylbutazon enthält, das als Medikament bei Pferden verwendet wird und in Lebensmitteln verboten ist. Die Ergebnisse dieser Sonderprüfung sollen nächste Woche, am 15. April, vorliegen und zügig veröffentlicht werden.


Wieso hat die Kommission das nur empfohlen?

Weil sie kein Recht hat, solche Untersuchungen anzuordnen. Das dürfen nur die einzelnen Regierungen. Die Kommission hält aber das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) bereit. Das ist eine Computerplattform, auf der die Behörden aller EU-Länder melden, wenn sie etwas Verbotenes oder Gefährliches in Lebensmitteln finden.


Was bringt das Schnellwarnsystem?

Es soll Gefahren für die Gesundheit eindämmen. So warnen sich die Behörden etwa gegenseitig vor Schimmelpilzgiften in Pistazien, krankheitserregenden Keimen in Rohmilchkäse oder den gefährlichen EHEC-Darmbakterien. 2011 waren es 9.157 Mitteilungen - wovon 617 ernste Gefahren betrafen. Jedes Land entscheidet dann selbst über Rückrufaktionen oder Verkaufsverbote.


Wieso warnt die EU auch vor falsch etikettierten Fleischprodukten aus den Niederlanden?

Das ist keine Warnmeldung, sondern eine Informationsmeldung. Denn eine Gesundheitsgefahr gibt es beim Verkauf von Pferdefleisch statt Rindfleisch nicht. Es geht vielmehr um einen Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften der EU. Großbritannien hatte im Februar die EU-Plattform RASFF genutzt, um die anderen EU-Staaten über das falsch deklarierte Pferdefleisch zu informieren. Denn es gilt: In der EU muss die richtige Tierart auf dem Etikett für Hackfleisch oder Fleischzubereitung stehen, sonst wird der Verbraucher getäuscht.


Kann die EU dafür sorgen, dass Verstöße gegen die Vorschriften strenger als bisher bestraft werden?

Nur sehr begrenzt. Die EU-Richtlinien enthalten bisher keine Vorschriften über die Höhe von Strafen bei Verstößen. Das können die Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich selbst entscheiden. In Deutschland wird vorsätzliche Verbrauchertäuschung nach Lebensmittelrecht mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldbuße bestraft. Bei fahrlässigen Verstößen können bis zu 100.000 Euro Strafe fällig werden. Wird die Kennzeichnungspflicht missachtet, fallen bis zu 50.000 Euro Bußgeld an.


Was plant die EU-Kommission?

Sie bereitet derzeit eine neue Richtlinie über Kontrollen vor. Diese sieht vor, dass die Strafen höher sein müssen als der Gewinn aus einem Lebensmittel-Betrug gewesen wäre. Die Kommission könnte auch in bestimmten Fällen Kontrollen anordnen. Beschlossen werden kann das nur, wenn auch die Regierungen zustimmen.
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