Die Corona-Lage in Deutschland ist dramatisch. Boostern allein hilft nicht mehr, die vierte Corona-Welle zu brechen. Flächendeckende Kontaktbeschränkungen, durch einen mindestens 14-tägigen Lockdown, sind wohl unausweichlich. (c) proplanta
RKI-Chef Wieler warnt eindringlich: "Wenn das Verringern der Kontakte und das Impfen nicht intensiv gelingt, werden wir nach den jetzigen Modellierungen auch noch eine fünfte Welle bekommen." Große Feiern, Großveranstaltungen und Menschenansammlungen in Innenräumen müssen schnellstens unterbunden werden, so Wieler.
In den Bundesländern, in denen die Zahlen jetzt noch niedrig sind, könne mit Kontaktbeschränkungen versucht werden, Zahlen auch niedrig zu halten. Dort, wo die Zahlen hoch sind, sei es bereits zu spät. Den "fulminanten Verlauf" zu brechen, sei bei niedrigen Zahlen einfacher.
Auch STIKO-Vorsitzender Thomas Mertens hält eine fünfte Welle für möglich. "Es ist damit zu rechnen, dass es auch im Winter 2022 eine fünfte Welle geben wird", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wie stark diese ausfällt, hängt maßgeblich davon ab, wie viele Menschen sich impfen und boostern lassen."
Derweil zieht nach Bayern auch Sachsen die Reißleine und verschärft die Corona-Maßnahmen. Kultur- und Freizeiteinrichtungen werden geschlossen. Für Ungeimpfte in Hotspots treten nächtliche Ausgangssperren in Kraft. Bei Zuspitzung der Corona-Lage könnte es auch wieder flächendeckend ungemütlich für alle Geimpften und Genesenen werden, prognostiziert proplanta. Auf härtere Einschränkungen bis hin zum Lockdown sollte man sich jetzt schon gefasst machen, so proplanta.
Hospitalisierungsinzidenz doch ungeeignet als Kennzahl
Kaum wurde als
wichtigster Richtwert für die Verrschärfung der Corona-Maßnahmen die Hospitalisierungsinzidenz beschlossen, äußern Fachleute bereits große Kritik an der neuen Corona-Kennzahl und denen darauf basierenden Schwellenwerten. Als wesentliche Gründe werden die lückenhafte Datengrundlage sowie der starke zeitliche Meldeverzug genannt. Die Werte seien daher verzerrt und in folgedessen unterschätze man signifikant die Pandemie und die tatsächliche Lage in den Krankenhäusern.
Meldeverzug politisches Kalkül?
Wie schnell oder langsam ein Bundesland meldet, hat somit direkte politische Konsequenzen. Meldet ein Bundesland grundsätzlich langsamer, dann werden auch die neuen, gesetzlichen Schwellenwerte bei den Hospitalisierungsinzidenzen von jeweils 3,6 und 9 später erreicht. Damit greifen Maßnahmen, die das Pandemiegeschehen eindämmen sollen, viel später als erforderlich.
Meldet ein Bundesland seine hospitalisierten Covid-19-Fälle hingegen zeitnah, greifen bei einer steigenden
Hospitalisierungsinzidenz strengere Maßnahmen möglicherweise schneller.
Eine aktuelle Analyse des Science Media Centers verdeutlicht, dass beispielsweise Hamburg am langsamsten von allen Bundesländern meldet. Dies dürfte also mit ein Grund dafür sein, dass die Hospitalisierungsinzidenz in der Hansestadt vergleichsweise niedrig ist.