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02.08.2022 | 02:57

Drittschwächste Getreideernte der letzten 20 Jahre in Deutschland erwartet

Getreidepreise 2022
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(c) proplanta

Terminmarkt Weizen



Bereits in der Saison 2020/21 machte sich der Rohstoffhunger Chinas an den Getreidemärkten bemerkbar. Chinas Getreideimporte schnellten gegenüber der Vorsaison um mehr als 30 Mio. t auf rund 56,5 Mio. t nach oben. Mit der Folge, dass der MAI21-Kontrakt für Weizen in Paris Ende April 2021 bei 257,75 €/t notierte. Zwar folgte im Vorfeld der Ernte 2021 eine moderate Konsolidierungsphase. Angesichts optimistischer Erwartungen pendelten die Kurse im Juli 2021 auf neue Ernte um 200 €/t.

Die stufenweise Rücknahme der Erwartungen weltweit durch Organisationen wie das USDA oder den IGC drehte die Kursentwicklungen jedoch wieder auf bullish. Ende November schloss derMAI22 in Paris in einem Hoch bei 306,50 €/t. Über den Jahreswechsel befanden sich die Kurse erneut in einer Konsolidierungsphase und verloren 10 bis 15 %.

Mitte Februar, vor Beginn des Ukrainekonflikts, wurden Kurse für MAI22 um 265 €/t notiert. Nach Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine schnellten die Kurse, getrieben von einer außerordentlichen Angst um die weltweite Verfügbarkeit von Weizenexporten, binnen Tagen auf 400 €/t.

Der MAI22 schloss bei 397,50 €/t. Die neue Ernte (SEP22) notierte in der Spitze Mitte Mai 2022 bei 440 €/t. Auf dem Weg zur Ernte fielen jedoch die Kurse. Derzeit pendelt der SEP22 zwischen 330 und 350 €/dt. Aufgrund der Trockenheit in Europa und auch im Corn-Belt der USA legten die Weizenkurse in Chicago in den letzten Tagen zu. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend auch in Kürze in Paris zu erkennen ist.

Braugerste



Die Gerstenbilanz 2021/22 präsentierte sich laut USDA mit einer weltweiten Erzeugung von 145 Mio. tleicht defizitär. Die Bestände fielen um 3,5 Mio. t auf 16,8 Mio. t zurück. Auch europäisch wurde mit 52,0 Mio. t nur ein knapp unterdurchschnittliches Ergebnis (Ø 5 Jahre:52,3) eingefahren. Gleiches galt für die deutsche Gerstenernte. Sie lag mit 10,4 Mio. t ebenfalls knapp unter dem 5-Jahresmittel von 10,7 Mio. t.

Besonders eng war in der EU und in Deutschland in der Saison 2021/22 die Versorgung mit Sommergerste bzw. Braugerste. Der Anbau von Sommergerste war in einigen wichtigen Regionen deutlich eingeschränkt worden. So wurde laut Coceral die Sommergerstenfläche in Frankreich von 795.000 ha um -30 % auf 540.000 ha reduziert. Auch in Deutschland (299.000 ha; Vorjahr 363.000), Dänemark (390.000 ha; Vorjahr: 550.000) und Großbritannien (775.000 ha; Vorjahr: 1.090.000) stand weniger Sommergerste auf dem Halm.

Braugerste erzielte 2021/22 zunächst ex-Ernte Erzeugerpreise um 20 bis 22 €/dt. Unter dem Eindruck der besonders engen europäischen Versorgung zogen die Erzeugerpreise im 3. und 4. Quartal rasch an. Zum Jahreswechsel 2021/22 konnten bereits Erzeugerpreise um 35 bis 36 €/dt erzielt werden. Der Abstand zur Futtergerste war auf 12 €/dt angestiegen! Mit dem Einmarsch der russischen Truppen konnte Braugerste frei Erfasser binnen Wochen 40 €/dt und mehr erzielen. Erst mit Blick auf die neue Ernte 2022 gaben die Preise wieder nach, wobei die Knappheit an Ware den Preisrückgang eng begrenzte. Aktuell werden Erzeugerpreise um 35 €/dt im Süden Deutschlands besprochen, das ist noch immer 11 €/dt über der Futtergerste.

2022/23 fällt die weltweite Erntemenge an Gerste mit voraussichtlich 145,5 Mio. t kaum besser als im Vorjahr aus. In Europa erwartet man nach der Julischätzung der EU-Kommission gerade noch 51,5 Mio. t Gerste (5-Jahresmittel: 52,3). In Deutschland sollen es laut DRV 10,7 Mio. t werden. Für den europäischen Braugerstenanbau prognostiziert die Braugerstengemeinschaft e.V. eine vergleichbar große Braugerstenfläche wie im Vorjahr.

In Deutschland allerdings soll der Anbau von Sommer- und Braugerste um 10 % auf rund 330.000 ha zugelegt haben. Vor dem Hintergrund dieser fundamentalen Daten könnte Braugerste auch in 2022/23 knapp bleiben. Das scheint sich auch am nur verhaltenen Preisrückgang der Braugerste in der Ernte bemerkbar zu machen.
LEL Schwäbisch Gmünd
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