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26.08.2010 | 08:01 | Ernte 2010 

Enttäuschende Ernte - aber ein Engpass droht nicht

Berlin - Das Wetter hat den Bauern wieder mal die Ernte verdorben.

Enttäuschende Ernte - aber ein Engpass droht nicht
Klaus Kliem, langjähriger Thüringer Bauernpräsident, hat so etwas in seiner fast 40-jährigen Berufslaufbahn noch nicht erlebt: «Was in diesem Jahr mit dem Wetter passiert ist, übersteigt das Vorstellungsvermögen von uns Landwirten.» Erst war es zu trocken, dann zu feucht. Um knapp 12 Prozent bricht die Getreideernte ein. Ende August ist das Getreide noch nicht mal in ganz Deutschland gedroschen. In einigen Gegenden wie im Oderbruch ist das Wasser auf den Feldern noch nicht abgeflossen.

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner war noch vor einigen Wochen hoffnungsvoll, dass die Ernte zumindest durchschnittlich sein wird. Die Hoffnung wurde nicht erfüllt. Peter Bleser, der einen Hof in der Nähe von Koblenz hat, beurteilt die Lage noch schlechter. «Ich sehe den Minderertrag noch höher», sagt der Agrarexperte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Die Qualitätseinbußen könnten dazu führen, dass die Ertragsausfälle vor allem beim Weizen noch höher seien als prognostiziert.

Die Bauern haben in den vergangenen zwei Jahren weitaus bessere Ernten eingefahren - das lässt die Ernte in diesem Jahr noch magerer erscheinen. «Im letzten Jahr war es eine sehr gute Ernte», sagt Bleser, der Raps, Gerste und Weizen anbaut. Der Markt ist nach seiner Ansicht durch die Ernteausfälle verunsichert. Die Preise fahren derzeit Achterbahn. Der Preisindex der wichtigsten Agrarrohstoffe in Deutschland kletterte im Juli auf den höchsten Stand in diesem Jahr. Höher waren die Agrarpreise zuletzt im Oktober 2008.

Am stärksten stiegen im Juli die Preise für Getreide und Raps - um fast 11 Prozent. Im Jahresverlauf 2010 legten sie damit um fast 23 Prozent zu. Der Bauernverband kritisiert, Spekulanten hätten die Preise an den Börsen angeheizt. Der Verband fordert strengere Regeln: So solle es Anforderungen an das Eigenkapital geben wie bei Warentermingeschäften. Im Frühsommer hellte sich die Stimmung der deutschen Landwirte angesichts höherer Erzeugerpreise auf. Doch alles hat zwei Seiten: «Landwirte mit Vorkontrakten konnten von den hohen Preisen, die dann zur Ernte eingetreten sind, nicht profitieren», sagt Thüringens Bauernpräsident Kliem.

Die Bauern schließen einen Teil ihrer Verträge beispielsweise mit Mühlen im Voraus ab, um Sicherheit zu haben. Bei dem Auf und Ab der Preise - und des Wetters - ist Sicherheit in der Landwirtschaft allerdings relativ. Ein Engpass bei Getreide ist nicht zu befürchten. Nach Ansicht des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist die Lage nicht mit den Lebensmittelkrisen 2007 und 2008 vergleichbar, weil die Getreidelager nach der Rekordernte 2009 weltweit noch gut gefüllt sind. Trotz des Exportverbots von Getreide aus Russland schätzt das US-Landwirtschaftsministerium die weltweite Weizenernte mit 646 Millionen Tonnen nicht drastisch niedriger ein als im Vorjahr. Es gibt ein weiteres hoffnungsvolles Signal.

Der US-Landmaschinenhersteller Deere & Co. - der Branchenführer - wies für das vergangenen Quartal ein Umsatzplus von 16 Prozent aus. Auch wenn das Geschäft in Europa noch schwach läuft: Die US-Bauern kaufen wieder Traktoren und anderes Gerät. Und die USA sind der wichtigste Weizenexporteur weltweit. (dpa)
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