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30.04.2011 | 04:28 | Getreidemarkt-Informationen 

Getreide-Terminbörsen zahlen Malus für US-Nullzinspolitik und Wettermarkt

Wien - Nach einer deutlichen Befestigung in der Karwoche und noch zu Beginn dieser Woche mussten die Getreide-Terminbörsen sowohl in den USA als auch die für Europa tonangebende Euronext in Paris seit Wochenmitte herbe Verluste hinnehmen.

Getreidemarkt-Informationen
An den fundamentalen Marktdaten und den Wettersorgen um das Gedeihen der neuen Ernte 2011 hat sich zwar nichts Grundlegendes geändert, doch ließ ein Mix an Befindlichkeiten die Stimmung an den Börsen kippen.

Zum einen zahle der Markt einen "Bernanke-Malus", so Analysten in Anspielung auf den Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, der am Mittwoch erstmalig in der Geschichte der Fed eine Zinsentscheidung vor der Presse kommentiert hatte und dabei auf absehbare Zeit das Festhalten an der extrem lockeren Geldpolitik der Fed quasi Nullzins-Niveau signalisierte. Die Folge davon war ein starkes Nachgeben des US-Dollars, wobei sich der Euro der Marke von USD 1,50 zu nähern begann. Dies wiederum ließ viele US-Anleger aus Risikopositionen bei Rohstoffen aussteigen und Gewinne aus den jüngsten Kursbefestigungen einstreifen. Weiters hemmt die Euro-Stärke die Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Getreideexporten auf den Weltmarkt. Zum anderen machte sich der Wettermarkt mit - wenn auch entweder zu spät gekommenen oder bei Weitem noch nicht ausreichenden - Regenfällen in Deutschland und Frankreich sowie in den USA bemerkbar. 
 
Der österreichische Getreidemarkt blickt auf eine ereignislose Woche zurück, die von einem feiertagsbedingten, sehr dünnen Handelsstrom sowie von einigen Regenfällen und Abkühlung am Osterwochenende und den Tagen danach geprägt war. Die Wiener Produktenbörse notierte am Mittwoch die meisten Getreide- und Ölsaaten im Wochenabstand unverändert oder setzte mangels Umsatz einige Notierungen - wie für Durumweizen, Futtermais oder Sojabohnen - auf nominell beziehungsweise strich sie beim Industriemais gänzlich. Aus dem Handel hieß es weiters, seit Wochenmitte werde ein Trend zu einer leichten Befestigung der Weizenpreise registriert. Das Geschäft mit den Restmengen aus der te 2010 laufe unaufgeregt, selbst aus Italien kämen - obwohl rein rechnerisch die Preise von konkurrierendem US-Weizen Druck auf die Kalkulation österreichischen Aufmischweizens ausüben sollten - laufend die üblichen kleinen Order. 
 
Die Vermarktung der neuen Ernte 2011 ist am heimischen Kassamarkt noch kein Thema - man rechnet ab Juni mit konkreteren Gesprächen. Dennoch blickt der Markt gespannt auf die Entwicklung der Bestände hierzulande und auf die Weizenbonitierung beim internationalen Trendsetter USA, wo die Winterweizengebiete nach langer Trockenheit zuletzt von heftigen Unwettern heimgesucht wurden. 
 
Für die heimischen Ackerkulturen seien laut Experten die vereinzelten Regenfälle der letzten Tage gerade noch rechtzeitig gekommen, um irreversible Schäden zu verhindern. Vor allem den Rapsbeständen, die heuer schon ungewöhnlich früh in Blüte stehen, kamen Abkühlung und Regen zugute. "Raps ist wie ein Unkraut und kann sich hierzulande durchaus noch erfangen und an Blattmasse zulegen, wenn die Blüte jetzt langsamer vonstatten geht, während es für viele, von Auswinterungsschäden geschwächte Rapsbestände in Nordeuropa, tatsächlich schon zu spät sein kann", so ein Pflanzenbauexperte. 

 
Trockenheit bleibt in Westeuropa ein Sorgenkind 
 
Ein Mangel an Regen im ersten Jahresquartal werde wahrscheinlich die Getreideproduktion seines Landes treffen, wenngleich es aber noch zu früh sei, die Folgen abzuschätzen, sagte dagegen Frankreichs Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire am Mittwoch in einem Dow Jones News-Interview. Die Regenfälle im Jänner, Februar und März hätten nur 56 %, 58 % beziehungsweise 74 % von Durchschnittsjahren erreicht, so der staatliche Wetterdienst Meteo France. Auch der April sei trockener und wärmer als üblich gewesen. Wie in Deutschland ist der Norden des Landes, das Zentrum des Weizenanbaus, besonders von der Trockenheit betroffen und bestehen hier auch in der kommenden Woche keine Aussichten auf ergiebige und ausreichende Regenfälle. Zudem, so Le Maire, "sind späte Regenfälle auch für die Erträge weniger wirkungsvoll". 

 
IGC: 2011/12 ausgeglichene globale Weizenbilanz - Mais- und Gesamtbilanz aber in Rot 
 
So sind Trockenheit in wichtigen Winterweizenanbaugebieten der Nordhalbkugel und Anbauverzögerungen bei Sommerungen durch Nässe und Kälte auch für den Internationalen Getreiderat IGC in London Anlass dafür, in seinem in der Karwoche veröffentlichten April-Report zum Getreidemarkt die Schätzung der weltweiten Weizenernte 2011/12 gegenüber dem Vormonat um 1 Mio. t auf 672 Mio. t zurückzunehmen. Dies ist aber immer noch um 22 Mio. t mehr als im Vorjahr. Aber, so schreibt der IGC im Ausblick auf 2011/12, "die global heuer größere Ernte trifft auf einen höheren Verbrauch", den die Getreideexperten ebenfalls auf 672 Mio. t nach oben revidierten. Mit dieser ausgeglichenen Bilanz seien nach 2011/12 unverändert 186 Mio. t Weizenendlager zu erwarten, womit die Ratio Endlager zu Verbrauch bei ziemlich bequemen 27,7 % liegt. 
 
Neuerlich mit minus 8 Mio. t im roten Bereich sieht der IGC allerdings die weltweite Maisbilanz 2011/12 trotz einer projizierten Rekordernte von 847 Mio. t. 111 Mio. t Maisendlager bedeuten magere 13 % Reserven gemessen am Jahresverbrauch. Hohe Maispreise hätten die Landwirte heuer um 3 % mehr Fläche bestellen lassen und würden sich die Erträge wieder auf ein Normalmaß erfangen, sei damit eine knapp 5 % größere Ernte als 2010/11 zu erhoffen. Hohe Preise und knappe Versorgung ließen den Maisverbrauch dagegen nur um moderate 1,3 % zunehmen - zahlreiche Mäster würden nämlich auf Weizen in den Futterrationen umstellen und die Nachfrage von US-Ethanolherstellern solle zum Stillstand kommen. 
 
Die gesamte globale Getreidebilanz aus Brot und Futtergetreide ohne Reis für 2011/12 zeichnet der IGC mit einem Defizit von 9 Mio. t bei 1.808 Mio. t Produktion und 1.818 Mio. t Verbrauch ebenfalls in Rot. (BMLFUW/AIZ)
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