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01.08.2012 | 10:12 | Getreidemarkt 

Knappe Getreideversorgung führt zu Spitzenpreisen

Schwäbisch Gmünd - Die Welt-Getreidebilanz für 2011/12 wird in den Julischätzungen von USDA und IGC ausgeglichen gesehen.

Getreidemarkt
(c) proplanta
Die Aussichten für das laufende Getreidewirtschaftsjahr 2012/13 werden dagegen eher pessimistisch eingeschätzt.

Der IGC sieht schon jetzt ein Bilanzdefizit von 30 Mio. t, das USDA taxiert dieses momentan auf 12 Mio. t. Damit hat sich die Versorgungslage im Getreidebereich deutlich zugespitzt. Die Börsen reagierten auf die Situation entsprechend, Weizen und Mais erzielen Spitzenpreise.

Die EU-Kommission sieht für die europäische Getreidebilanz 2011/12 Ende Juli einen leichten Überschuss. Für 2012/13 geht man dagegen nur von einer gerade gut ausgeglichenen Bilanz aus.

Die EU-Ernte wird auf 280 Mio. t geschätzt (Vorjahr 285 Mio. t). Der Verbrauch lag im Vorjahr bei 272 Mio. t. Bei einem Netto-Export von rund 10 bis 12 Mio. t ergäbe sich damit für das neue Wirtschaftsjahr erneut ein Bestandabbau in den europäischen Getreidelagern.

Nach einer sehr schwachen deutschen Ernte von 41,9 Mio. t in 2011 folgt 2012 nun ein kaum besseres Jahr. Aktuell geht man von 42,8 Mio. t Getreide aus, das auf den Halmen steht.

Die Ernte ist angelaufen, vielerorts ist die Wintergerste bereits im Silo. Aus der Praxis hört man im Süden, dass auf frostgeschädigten Flächen zwar gute Qualitäten, aber doch 10 bis 20 % weniger als normal gedroschen wurde.

Sollten sich die Zahlen bestätigen ist zum zweiten Mal in Folge in Deutschland mit einer leicht defizitären Getreidebilanz zu rechnen.


Futtergerste

Dem schwachen Wintergerstenjahr 2011 in Deutschland scheint ein weiteres zu folgen. Aktuelle Zahlen gehen da-von aus, dass nur rund 1,08 Mio. ha gedroschen werden können, obwohl im Herbst ca. 1,24 Mio. ha ausgesät wurden.

Der Rückgang ist den Frosttagen Ende Februar geschuldet, welche bei fehlender Schneedecke viele Bestände so stark schädigten, dass diese umgebrochen werden mussten. In der Juli-Schätzung geht der DRV davon aus, dass rund 6,73 Mio. t Gerste gedroschen werden können. Das sind 50.000 t mehr als im Vorjahr.

Viele der Nachsaatflächen im Frühjahr wurden jedoch mit Sommergerste bestellt, so dass man davon ausgehen kann, dass ein Teil der fehlenden Wintergerste durch Sommer-Futtergerste kompensiert wird. Bei Sommergerste rechnet man insgesamt mit 2,8 Mio. t (+800.000 t gg. Vj.).

Auf europäischer Ebene geht man davon aus, dass die Gerstenernte mit 52,9 Mio. t das Vorjahr ebenfalls um 1,6 Mio. t übertrifft. Weltweit wird allerdings ein leichtes Defizit bei der Gerstenbilanz 2012/13 gesehen. Das US-DA sieht eine Erntemenge von 132 Mio. t und einen Verbrauch von 133 Mio. t.

Die Erzeugerpreise für Futtergerste haben in den vergangenen Tagen angezogen und liegen aktuell in Baden-Württemberg bei 19,50 €/dt. Für Bio-Futtergerste wurde im Juni 33,30 €/dt (-2,40 €/dt gg. Vj.) bezahlt. Für EU-Bio-Ware wird deutlich weniger bezahlt als für Verbandsware.


Braugerste

Die Sommergerstenfläche wurde wegen der Auswinterungen von Weizen und Wintergerste deutlich ausgeweitet. Im Januar wurde noch eine maximal unveränderte evtl. sogar leicht rückläufig Anbaufläche erwartet, im Juli stehen dagegen 545.000 ha (+30 %) zum Drusch an.

Nachdem der Regen Anfang Juni für die meisten Regionen gerade noch rechtzeitig einsetzt hat, wird mit einer qualitativ guten Ernte gerechnet. Sowohl Kornfüllung als auch Eiweiß, so hofft man, konnte der Regen noch retten. Es liegen allerdings noch zu wenige Ergebnisse zu den Qualitäten vor.

Die Erzeugerpreise liegen aktuell bei 22 bis 23 €/dt. Auch die Braugerstenkurse (Nov. 12) an der MATIF haben sich nach der Spitze mit 281 €/t in der 3. Juliwoche wieder etwas beruhigt und tendieren aktuell seitwärts bei 260 bis 270 €/t.


Brotweizen

Winterweizen war von der Frostperiode im Februar am stärksten betroffen. Von der Aussaatfläche von 3,23 Mio. ha stehen nur noch 2,87 Mio. ha zum Drusch bereit. Der DRV erwartet eine Erntemenge von 20,8 Mio. t. In guten Jahren wurden auch schon 25 Mio. t Weizen und mehr gedroschen.

Zwar dürfte die inländische Weizenbilanz trotzdem noch knapp positiv ausfallen, dennoch ist mit einer engen Versorgungssituation zu rechnen, da Deutschland traditionell als Weizenexporteur bekannt ist.

In der EU wird mit 126,5 Mio. t von einer um 2 Mio. t kleineren Weizenernte als im Vorjahr ausgegangen. Ähnlich wie in Deutschland ist damit immerhin die EU-Bilanz noch positiv, üblicherweise fließen aber erhebliche Mengen des Brotgetreides auf den Weltmarkt. Daher wird auch EU-weit eine eher enge Versorgung gesehen.

Weltweit geht man von einer Unterversorgung bei Weizen von 12 bis 15 Mio. t aus. Die Schätzungen von IGC und USDA weisen eine eindeutige Tendenz auf. Entsprechend sind die Weizenpreise an den Börsen vor der Ernte nahezu explodiert. Auch am physischen Markt bringt Brotweizen mit 22 bis 22,50 €/dt derzeit rund 2 bis 3 €/dt mehr als noch vor Wochen.

Auch wenn die Börsen in den letzten Tagen eine leichte Delle zeigten ist aufgrund der fundamentalen Daten eher mit einer festen Tendenz der Weizenpreise zu rechnen. Als Prämien für Qualitätsweizen stehen derzeit 0,50 €/dt im Markt. Aufschläge für E-Weizen werden noch nicht genannt.

Kontraktpreise für Bio-Brotweizen für die neue Ernte reichen von 36,5 €/dt für importierte EU-Bio-Ware bis 44 €/dt für deutsche Verbandsware.


Terminmarkt Weizen

Die Weizenpreise an den Börsen sind in den letzten Wochen nahezu explodiert. Die Notierung für Novemberweizen an der MATIF stieg ab Mitte Juni innerhalb von 5 Wochen von 200 €/t auf 270 €/t. Diese Hausse war weltweit zu beobachten und auf die ungünstigen Witterungsbedingungen in vielen Regionen der Welt sowie der Korrektur der Weltweizenbilanz zurückzuführen.

In den vergangenen Tagen war eine leichte Korrektur der Kurse, sowohl in Chicago als auch in Paris zu beobachten. Novemberweizen fiel kurzfristig auf 250 €/t zurück, tendiert aktuell seitwärts in einem Band zwischen 250 und 260 €/t.

Der Blick nach vorne bleibt schwierig. Sollten die Prognosen halbwegs zutreffen so könnte sich der Markt beruhigen, wenn die Ernte sicher nach Hause gebracht werden konnte. Das könnte dann auch wieder zu leicht rückläufigen Preisen führen. In der jetzigen Situation sollte man daher über (Teil-)Verkäufe der aktuellen, aber auch der Ernte 2013 nachdenken.


Quelle: LEL Schwäbisch Gmünd
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