Dieses Resümee ist diese Woche in Berlin beim 12. Bodenforum der Fachzeitschrift „agrarmanager“ gezogen worden, auf dem die Frage nach den bestimmenden Faktoren für die
steile Entwicklung der Bodenpreise in den letzten Jahre gestellt wurde. Den Vorwurf einer marktbeherrschenden Rolle der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) auf dem ostdeutschen Bodenmarkt wies deren Geschäftsführer Stefan Schulz dabei mit Nachdruck zurück. Er betonte den gesetzlichen Privatisierungsauftrag der BVVG und den vergleichsweise geringen Anteil, den sie inzwischen bei freien Transaktionen von Flächen einnehme.
Auch ein gravierender Einfluss außerlandwirtschaftlicher Investoren kann nach einer Untersuchung von Prof. Silke Hüttel von der Universität Rostock zumindest für Sachsen-Anhalt ausgeschlossen werden. Nach Einschätzung des Direktors des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), Prof. Alfons Balmann, folgen die Preise am landwirtschaftlichen Bodenmarkt auch heute meist den ökonomischen Rahmenbedingungen. Er sieht allenfalls partiell Marktversagen, das politisch und strukturell gelöst werden müsse.
Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Uckermark, Manfred Mesecke, monierte dennoch negative Folgen der aktuellen Bodenmarktentwicklung für kleinere Betriebe. BVVG nur ein Akteur unter Vielen Nach Darstellung von Schulz macht der Anteil der BVVG an den landwirtschaftlichen Bodenverkäufen in den neuen Bundesländern ohne Transaktionen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) lediglich ein Drittel aus. Ziehe man davon auch die Direktverkäufe an Pächter ab, die den freien Markt ebenfalls nicht tangierten, betrage der Anteil der BVVG sogar nur zwischen 12 % und 15 %. Zudem verfüge die Gesellschaft heute gerade noch über etwa 3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in den neuen Bundesländern, so dass von einer marktbeherrschenden Stellung der BVVG eigentlich keine Rede sein könne.
Schulz verwahrte sich auch gegen den von Kritikern geäußerten Vorwurf der Preistreiberei und verwies auf die klaren Grundlagen des bei Ausschreibungen der BVVG verwendeten Vergleichspreissystems (VPS). Dabei werde der Wert eines Objektes in vergleichbarer Lage, Qualität und Zuschnitt abgebildet, der voraussichtlich in einem offenen Angebotsverfahren erzielt werden könnte, erläuterte der BVVG-Geschäftsführer. Das Verfahren sei transparent, nachprüfbar und führe zu Preisen, die die tatsächliche Entwicklung auf den Bodenmärkten widerspiegelten. Auf diese Weise wird Schulz zufolge ein Marktwert im Sinne eines aktuellen beihilfefreien Kaufpreises ermittelt, wie ihn jeder informierte Marktteilnehmer auch verlangen würde.
Externe Investoren ohne Einfluss
Laut Hüttel hat eine Analyse der Agrarflächenverkäufe in Sachsen-Anhalt zumindest für die Jahre 2009 und 2010 keinen nennenswerten Einfluss außerlandwirtschaftlicher Akteure auf die Preisgestaltung ergeben. Wesentlich größere Bedeutung hat nach ihren Ausführungen der regionale Referenzpreis. Dieser korreliere zu 33 % mit dem aktuellen Verkaufspreis. Steige also der Referenzpreis beispielsweise um 1 Euro, lege der Verkaufspreis um 0,33 Euro zu, erläuterte die Rostocker Agrarökonomin, die damit der BVVG durchaus eine gewisse Bedeutung bei der regionalen Preisgestaltung zuschrieb. Deren Preise hätten immerhin im Schnitt um 18 % über dem mittleren Preisniveau der untersuchten Region gelegen. Weitere wichtige Einflussgrößen sind nach Hüttels Angaben die Bonität der Fläche, die Losgröße und die Nutzungsart.
Bodenmarkt funktioniert
Nach Angaben Balmanns sind die Grundrenten auf den deutschen Agrarflächen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dafür macht er neben den höheren Preisen für Agrarprodukte unter anderem auch den Strukturwandel und den technischen Fortschritt verantwortlich, die ihrerseits zu höherer Effizienz und damit steigenden Erträgen geführt hätten. Dies und die aktuell niedrigen Kapitaldienste versetzen die landwirtschaftlichen Akteure dem Agrarökonomen zufolge in die Lage, deutlich höhere Preise für Kauf und Pacht zu zahlen.
Die Preise folgten damit ökonomischen Rahmenbedingungen und seien der Ausdruck weitgehend funktionierender Marktmechanismen. Dass Gebote für Pacht und Kauf mitunter über den Grundrenten liegen, ist laut Balmann meist die Folge zu optimistischer Ertragserwartungen des Pächters oder Käufers. Die so erzielten „Schattenpreise“ seien damit kein Symptom für Marktversagen. Der Hallenser Agrarökonom warnte in diesem Zusammenhang davor, das Grundstücksverkehrsgesetz für strukturpolitische Zwecke zu missbrauchen. Der Zweck des Gesetzes liegt ihm zufolge im Erhalt einer leistungsfähigen Landwirtschaft und in der Vermeidung sowohl von Zersplitterung als auch von Konzentration von zu viel Marktmacht bei einzelnen Akteuren. Die Politik sei daher gut beraten, die geeigneten Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Bodenmarkt zu setzen und ansonsten auf die Steuerung einzelner Faktoren zu verzichten, betonte Balmann.
Pachten verdreifacht
Mesecke wies darauf hin, dass sich Kauf- und
Pachtpreise in Brandenburg seit den neunziger Jahren mindestens verdreifacht haben. Nach seiner Einschätzung ist sehr wohl auch die BVVG Verkaufspraxis dafür verantwortlich zu machen, dass inzwischen in der Spitze Kaufpreise von fast 30 000 Euro/ha und Pachten von mehr als 800 Euro/ha aufgerufen worden seien. Der steile Preisanstieg aber auch tendenziell immer kürzere Pachtzeiten zwängen nun die Betriebe zur Optimierung ihres Maschinenparks und ihrer Mitarbeiterstruktur. Außerdem wird laut Mesecke auf diese Weise der Strukturwandel weiter beschleunigt, worunter vor allem kleinere Betriebe wie Mutterkuh- und Schafhalter zu leiden hätten. Eine Lösung für das Problem sieht er allenfalls in betriebswirtschaftlichen Nischen oder in weiteren Zusammenschlüssen von Betrieben. (AgE)