In einer am Donnerstag veröffentlichten Vorentscheidung befand das Europäische Patentamt (EPA) in München, dass Patente «auf im Wesentlichen biologische Züchtungsverfahren» nicht zulässig sind.
Zwar muss nun noch über die Einzelfälle entschieden werden, wie EPA-Sprecher Rainer Osterwalder sagte. Ihre Aufhebung durch die oberste Instanz des Patentamtes gilt nach der Vorentscheidung jedoch als wahrscheinlich.
Umweltschützer befürchten, dass durch die Hintertür ein Patentschutz für Lebewesen möglich wird. Die Brokkoli- und Tomatenpatente gelten deshalb als Präzedenzfälle zur Klärung der Frage, ob Pflanzen und Tiere patentierbar sind. Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) und die hessische Umweltministerin Lucia Puttrich (
CDU) begrüßten die Vorentscheidung als richtungsweisend. Beide hatten sich zuvor gegen Patente auf Tiere und Pflanzen eingesetzt.
«Konventionelle Züchtungsverfahren müssen eindeutig von der Patentierung ausgeschlossen sein. Das hat die Entscheidung klargestellt», teilte Aigner am Donnerstag in Berlin mit. «Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einer kommerziellen Privatisierung unseres Naturerbes durch die Hintertür kommt.»
Grundsätzlich sind Patente auf Saatgut, Tierrassen und Pflanzensorten verboten. Das EPA erlaubt jedoch Patente auf technische Züchtungsverfahren, die nicht «im Wesentlichen biologisch» sind. Das «Brokkoli»-Patent EP 1069819 hatte sich das britische Unternehmen Plant Bioscience vor acht Jahren gesichert. Es gilt auch für Samen und ausgewachsene Pflanzen der speziellen Brokkolisorte, die besonders viele Glucosinolate enthält. Diese Senföle sollen vorbeugend gegen Krebs wirken. Ein Jahr später legten zwei Firmen aus Frankreich und der Schweiz Beschwerde ein.
Das Patent schützt ein Auswahlverfahren zur Herstellung der Brokkolivariante. Dabei werden die gewünschten Gene im
Erbgut ermittelt und mit sogenannten genetischen Markern gekennzeichnet. Anschließend werden die Pflanzen mit den Merkmalen anhand der Markergene ausgewählt und für die Zucht verwendet.
Auch das Verfahren zur Zucht einer Tomate mit geringem Wassergehalt, das gemeinsam mit dem Brokkoli-Fall verhandelt wird, kombiniert technische und konventionelle Methoden. Das israelische Landwirtschaftsministerium hatte das Zuchtverfahren im Jahr 2000 zum Patent angemeldet. In diesem Fall legte der niederländische Konzern Unilever Einspruch ein.
Für die Umweltschutzorganisation
Greenpeace ist die Vorentscheidung des EPA nur ein Teilerfolg. «Es ist noch weitgehend unklar, welche Auswirkungen dieses Urteil haben wird», sagte Patentexperte Christoph Then. Schließlich sei die Entscheidung über das «Brokkoli-Patent» selbst noch nicht gefallen. «Zwar müssen jetzt die Patentansprüche auf das Züchtungsverfahren widerrufen werden - ungewiss ist aber, ob nicht doch die Pflanzen, das Saatgut und die essbaren Teile des Brokkoli patentiert bleiben», betonte er. (dpa)