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27.09.2020 | 07:51 | Energiewende 
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Bundeskabinett verabschiedet EEG-Novelle

Berlin - Das Bundeskabinett hat die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) verabschiedet. Darin ist festgelegt, dass 65 % des deutschen Strombedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Quellen stammen müssen.

EEG-Novelle verabschiedet
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Ressortabstimmung bringt Verbesserungen für Strom aus Biomasse - Gebotshöchstwerte für Biogasanlagen sollen angehoben werden. (c) proplanta
Angegeben wird auch, in welchem Umfang einzelne Technologien zu dem Ziel beitragen und mit welchen Ausbaupfaden dies erreicht werden soll. Windenergie an Land soll laut EEG 2021 von heute 54 GW auf 71 GW im Jahr 2030 wachsen, die installierte Solarleistung von 52 GW auf 100 GW. Für Strom aus Biomasse nennt die Vorlage für das Jahr 2030 weiterhin ein Ausbauziel von 8,4 GW installierte Leistung.

Erreicht werden soll dies über den Zubau von insgesamt etwa 4 GW. Dafür sollen die Ausschreibungsvolumina für feste und gasförmige Biomasse auf 350 MW pro Jahr erhöht werden. Zusätzlich soll ein neues Ausschreibungssegment für Biomethananlagen mit erhöhten Flexibilitätsanforderungen über jährlich 150 MW eingeführt werden. In der Summe ergibt sich damit für Biomasseanlagen ein jährliches Ausschreibungsvolumen von 500 MW. Im ursprünglichen Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums waren lediglich 300 MW vorgesehen.

Auch bei den Gebotshöchstwerten für Biomasseanlagen hat es während der Ressortabstimmung noch Bewegung gegeben. Für Neuanlagen soll es jetzt 16,40 Ct/kWh geben, für Anlagen im Bestand 18,4 Ct/kWh. Für hochflexible Biomethan-Blockheizkraftwerke (BHKW) soll künftig ein Gebotshöchstwert von 19 Ct/kWh gelten.

Finanziert wird die Vergütung für Strom aus erneuerbaren Quellen bekanntlich über die sogenannte EEG-Umlage. Für eine Entlastung bei den Strompreisen soll eine Begrenzung der Umlage auf 6,5 Ct/kWh im kommenden Jahr und 6,0 Ct/kWh im Jahr 2022 sorgen. Die Deckelung kostet insgesamt 11 Mrd Euro, die aus dem jüngsten Konjunkturpaket der Bundesregierung stammen.

Zukunftssignal

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich nach der Kabinettssitzung am Mittwoch (23.9.) überzeugt, dass das EEG 2021 ein klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr erneuerbare Energien setzt. „Die Bundesregierung schreibt klar und transparent die Ausschreibungsmengen für die einzelnen erneuerbaren Energien fest und geht hierbei an den oberen Rand der im Klimaschutzplan 2030 vorgesehenen Spannbreite - bei Photovoltaik sogar darüber hinaus“, erklärte Altmaier, dessen Haus innerhalb der Bundesregierung federführend bei Energiethemen ist. Der Zeitplan für die Novellierung ist sportlich: Bereits am 1. Januar 2021 soll das neue EEG in Kraft treten, muss davor aber noch durch den Bundestag und den Bundesrat.

Systemrelevanz erkannt

Die Bioenergiebranche wertet die EEG-Novelle als „substanzielles Signal“, dass für Strom aus Biomasse weiterhin eine Perspektive besteht und dessen Systemrelevanz erkannt wird. Der Deutsche Bauernverband (DBV), der Bundesverband Bioenergie (BBE), der Fachverband Biogas (FvB) und der Fachverband Holzenergie (FVH), die im Hauptstadtbüro Bioenergie organisiert sind, sehen aber auch eindeutig Klärungs- und Anpassungsbedarf bei mehreren Regelungsdetails, vor allem bei der Güllevergärung.

„Es soll weitergehen für die Bioenergie - das ist für mich die entscheidende Aussage des EEG-Kabinettsentwurfs“, resümierte die Leiterin des Hauptstadtbüros, Sandra Rostek, im Namen der Bioenergieverbände. Die Anhebung der Gebotshöchstwerte ist aus ihrer Sicht ein klares Zeichen, dass die Bundesregierung die Klimaschutz- und Systemdienstleistungen der Bioenergiebranche schätzt und erhalten will, auch durch den Zubau von Neuanlagen aller Bioenergietechnologien. Während nun eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der europäischen Richtlinie beim Thema Hocheffizienz die benötigte Klärung bringe, werfe eine Reihe von Neuregelungen jedoch auch Fragen auf. Diese gelte es dringend zu klären.

Regelung per Gesetz notwendig

Rostek stellte klar, dass auch die gegenüber dem Referentenentwurf erhöhten Ausschreibungsvolumina nicht ausreichten, um die Vorgaben des Klimaschutzprogramms zu erfüllen. „Hier muss das Ziel von 42 Terrawattstunden (TWh) für die Bioenergie unbedingt aufgenommen werden“, betonte die Hauptstadtbüro-Leiterin. Darüber hinaus seien einige Regelungen für die Anforderungen an die Flexibilisierung von Anlagen besonders im Holzenergiebereich noch unklar, was es zu beheben gelte.

Auch beim Thema Güllevergärung spreche der Kabinettsentwurf zwar die wesentlichen Aspekte grundsätzlich an; allerdings sei für die Bioenergieverbände ein wichtiges Anliegen, dass diese auch direkt im Gesetz geregelt und nicht auf später verschoben werden, regte Rostek an.

Licht und Schatten

In Sachen Bioenergie kommt die geplante EEG-Novelle auch bei DBV-Präsident Joachim Rukwied gut weg. „Landwirte mit Biogasanlagen erhalten durch eine geplante Anhebung der Fördersätze und eine erweiterte Unterstützung von Güllekleinanlagen das erforderliche Signal zum Weiterbetrieb ihrer Anlagen und zur verstärkten Nutzung von Gülle im Sinne des Klimaschutzes“, so Rukwied in einer ersten Reaktion. Damit sei eine gute Diskussionsgrundlage für die nun anstehenden Entscheidungen im Bundestag gegeben.

Hingegen ist man beim Bauernverband in Sorge, dass es durch einen Zubau an Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen zu einem beschleunigten Flächenverbrauch kommen könnte. „Die Ausweitung von Streifen an Autobahnen und Eisenbahnen auf 200 m würde eine Fehlsteuerung zu Lasten von Landwirtschaft und Landschaftsschutz bedeuten“, befürchtet der DBV-Präsident. Stattdessen sei eine regionale planerische Steuerung auf solche Flächen erforderlich, die für eine landwirtschaftliche Nutzung nicht oder kaum geeignet seien.

Jetzt sei der Bundestag am Zug, nachhaltigere Lösungen zu finden, auch durch eine stärkere Nutzung von Dächern und bebauten Flächen, betonte Rukwied. Ursprünglich hatte der Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium sogar eine Verdopplung des PV-Korridors von bisher 110 m auf 220 m vorgesehen, was mittlerweile vom Tisch ist.

Große Chance vertan

Für den Biogasrat+ hat die Bundesregierung mit der vorgelegten EEG-Novelle die große Chance vertan, der Bioenergieerzeugung in Deutschland eine verlässliche und wirtschaftliche Perspektive zu geben. „Alle Ausschreibungsrunden für Biomasse seit 2017 haben klar gezeigt, dass die geltenden Gebotshöchstwerte zu niedrig sind und damit die Teilnahme insbesondere moderner Biomasse-Neuanlagen wirtschaftlich nicht darstellbar ist“, argumentierte Geschäftsführerin Janet Hochi.

Der Biogasrat+ fordert deshalb, die Gebotshöchstwerte für Neuanlagen im EEG 2021 auf 17,50 Ct/kWh anzuheben und die seit 2018 geltende Degression auszusetzen. Damit die für den Klimaschutz wichtigen Treibhausgasreduzierungspotentiale von Biogas und Biomethan nicht verlorengingen und das im Klimaschutzprogramm 2030 vorgesehene Ziel von 65 % erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung bis 2030 erreicht werden könne, müsse das jährliche Ausschreibungsvolumen für Biomasse außerdem auf mindestens 800 MW erhöht werden.

Parlament muss nachbessern

Grundsätzlich positiv bewertet Hochi die im Gesetzentwurf vorgesehene Einführung eines neuen Ausschreibungssegments für hochflexible Biomethan-Blockheizkraftwerke (BHKW), um die Netz- und Marktintegration erneuerbarer Energien zu verbessern. Die aktuelle Ausgestaltung der Sonderausschreibung sei gegenüber dem Referentenentwurf ein Fortschritt. Gleichwohl sei es mit der ab 2022 geplanten Degression sowie der Begrenzung der Bemessungsleistung nach wie vor schwierig, neue Biomethan-BHKW wirtschaftlich zu realisieren. Hier bestehe weiterer Handlungsbedarf im parlamentarischen Verfahren.

Solardächer im Schatten

Auch die Solarwirtschaft sieht im EEG 2021 noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. Ansonsten werde es zu einem deutlichen Rückgang des PV-Zubaus auf Gebäuden kommen, warnt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Gleichzeitig sei der Weiterbetrieb tausender alter Solarstromanlagen nicht gesichert.

Solare Eigenerzeuger würden systematisch diskriminiert und eine riesige Chance für den dringend notwendigen Ausbau von Speichern bleibe ungenutzt. „Jetzt sind die Abgeordneten des Bundestages gefordert, einen Solar-Rollback zu verhindern und aus dem vorliegenden Kabinettsentwurf ein Solarbeschleunigungsgesetz zu machen“, erklärte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Unrealistische Annahmen

Beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hält man die Annahmen der Bundesregierung zur künftigen Entwicklung des Stromverbrauchs für unrealistisch und drängt auf Korrekturen. „Auch wenn nun ein Strommengenpfad für den jährlichen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch beziffert wird, hat sich im Grundsatz an den Annahmen zur Entwicklung des Stromverbrauchs nichts geändert“, erklärte die BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter.

Marginale Änderungen in den Ausbaupfaden dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung weiterhin von einem unrealistischen Strombedarf ausgehe. Positiv wertete Peter die Aufnahme der BEE-Forderung in den Gesetzentwurf, einen Kooperationsausschuss von Bund und Ländern einzurichten, um so gemeinsam stetig die Erreichung der Ausbauziele zu prüfen.

Nur Kosmetik

Nach Ansicht der Grünen im Bundestag betreibt das Bundeskabinett mit der vorgelegten EEG-Novelle lediglich Kosmetik. Auch die gegenüber dem Referentenentwurf veränderte Version werde den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft nicht entfesseln, glaubt die Sprecherin für Energiepolitik, Julia Verlinden. Genau das sei aber notwendig, um die vielen Kohlekraftwerke zu ersetzen, die in den nächsten Jahren abgeschaltet würden.

„Die anvisierten Ausbauziele sind viel zu niedrig und schreiben bei genauer Betrachtung nur die zu niedrigen Ausbauzahlen der letzten Jahre fort“, erklärte Verlinden. Bei der Linken im Bundestag sieht man Bundeswirtschaftsminister Altmaier mit der EEG-Novelle weiter im Schneckenmodus.

„Die Ausbauziele für erneuerbare Energien sind für eine „praxiskonforme“ Energiewende weiter deutlich zu niedrig, obwohl auf EU-Ebene eine Anhebung ansteht“, erklärte der linke Energie- und Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin. Statt voranzugehen, fahre der Vertraute von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel weiter im Schritttempo auf Sichtweite, wo es eigentlich eine Energiewende-Planung in Jahrzehnten statt in Legislaturperioden brauche.
AgE
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Kommentare 
Manfred Hoffend schrieb am 04.11.2020 11:19 Uhrzustimmen(15) widersprechen(8)
Was steht hier im Vordergrund, der Klimaschutz oder der Profit der Energieversorger? Die EU hat da eindeutige Gesetze erlassen und die sind bindend, auch wenn unsere Sesselpfurzer ihre Klientel bedienen wollen. Siehe MAUT Bundeverkehrsministererium. Dann muss ich wohl nach 20 Jahren, oder meine Kinder auf Inselbetrieb umstellen.
Djebasch schrieb am 28.09.2020 14:48 Uhrzustimmen(20) widersprechen(9)
Traurig was hier momentan passiert, in anderen Ländern ohne EEG funktioniert es super, da gibt es gar keine Diskussion siehe England und bei uns geht man von einem Murks zum nächsten...
Der Strom wird immer Teurer und immer mehr Förderungen werden rausgehauen nur damit bestimmte Wirtschaftszweige das Dicke Geld machen und andere Ihre Gülle loswerden...
Das EEG sollte eigentlich Verhinderungsgesetz lauten...
Dunja Götze schrieb am 27.09.2020 20:17 Uhrzustimmen(20) widersprechen(9)
EEG weg scheiß illegaler Abzockdreck
das Gesetz gehört abgeschafft da es zu Lasten dritter geschaffen
worden ist, was illegal war!
Entweder zahlen alle oder niemand!
Rainer Geißler schrieb am 27.09.2020 12:46 Uhrzustimmen(19) widersprechen(8)
Das Bundeskabinett hat am 23.09 die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eingebrachte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die sogenannte EEG-Novelle 2021, verabschiedet.
Diese Novelle steht total im Wiederspruch mit der EU-Richlinie.
Wenn dieses Gesetz so durchgeht, ist es das Ende der PV Anlagen auf Privaten Dächern. Bzw. werden einige ihr Haus autark machen, was nicht im Sinne der Energiewende ist.
Es ist traurig, das in Deutschland nur der Profit der großen Energiefirmen im Vordergrund steht.

mit freundliche Grüßen
Rainer Geißler
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