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12.09.2022 | 09:06 | Aktueller Rat Pflanzenbau 

Im Winterraps nicht voreilig handeln

Karlsruhe - Einen geeigneten Termin für die diesjährige Rapsaussaat zu finden war und ist sehr schwierig. Renommierte Fachleute haben den möglichen Aussatzeitraum schon bis zum 10. September ausgeweitet.

Winterraps
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(c) proplanta
Trockenheitsbedingt laufen vor allem die früh gesäten Bestände verzögert und vielerorts auch sehr ungleichmäßig auf. Auf vielen Feldern liegt das Saatgut immer noch ungekeimt im Boden. Nach den letzten - lokal oft stärkeren - Niederschlägen ist zu beobachten, dass es den Saaten oft nicht gelingt durch den verkrusteten oder gar verschlämmten Oberboden zu dringen.

Auf einigen partiell bereits aufgelaufenen Flächen kommt ein Herbizidstress dazu. Gestresste Rapsflächen leiden und gelten auch als leicht anfällig. Ein besonderes Augenmerk muss jetzt also auf die Flächen gerichtet sein, die jetzt schon – und sei es auch nur partiell - aufgelaufen sind. Denn diese Flächen sind besonders anfällig für den Blattfraß durch den Rapserdfloh.

Was also ist zu tun?

Die Durchführung von regelmäßigen Bestandeskontrollen ist gerade in jungen Flächen unerlässlich. Kontrollieren Sie die jungen Pflanzen regelmäßig und intensiv auf den typischen Lochfraß des Erdflohs. Zunächst ist die Bekämpfungsschwelle von 10% zerstörter Blattfläche gesetzt. Die weitere Strategie ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
RapserdflohBild vergrößern
Rapserdfloh

Landesweit liegt der Lochfraß auf vielen Flächen noch weit unter den bei uns geltenden Bekämpfungsrichtwerten. Das Schadensausmaß hält sich also noch in Grenzen. Sollte es deutlich kühler werden, das Wetter umschwenken und die Temperaturen auf 20-23 Grad sinken beginnt der Rapserdfloh in die Flächen einzufliegen.

Zur visuellen Bewertung des Lochfraßschadens durch den Rapserdfloh hat der Berliner Kollege Heiko Schmalstieg vom Pflanzenschutzamt Berlin eine Graphik entworfen, die den prozentualen Befall pragmatisch widerspiegelt (siehe Foto oben). Daraus lassen sich der jeweils optimale Behandlungszeitpunkt sehr gut ableiten. Diesen Zeitpunkt muss ein erfolgreicher Anbauer in jedem Fall erwischen.

Gelbschalen gehören eigentlich direkt nach der Saat aufgestellt. An die Höhe der Bestände anpassbare Gelbschalen müssen spätestens nach dem Auflaufen im Herbst und dann wieder ab Vegetationsbeginn (Mitte Februar) auf den Flächen stehen. Besonders wichtig ist es, Gelbschalen stets mit einem Gitter abzudecken. So wird der Einflug von Nützlingen wie z.B. Hummeln verhindert.

Jetzt gilt es also – auch auf Spätsaaten - Gelbschalen auf die Flächen zu bringen. Dabei nicht vergessen die Schalen mit einem Gitter auszurüsten! Wichtig ist es auch die Gelbschalen in regelmäßigen Abständen 2 bis 3x pro Woche zu kontrollieren. Entsprechende Erhebungsbonituren sollten möglichst an 5 Stellen jeweils mind. 5 Pflanzen in jeder Fläche durchgeführt werden. Der Input ist also relativ hoch, doch der Erfolg wird den Zeitaufwand krönen.

In Baden-Württemberg gilt es nach IPS+ den gesamten Besatz zu dokumentieren. Eigene Gelbschalen sind aber nicht nur deshalb das Non plus Ultra. Denn der Erdflohbefall variiert nicht nur regional, sondern auch flächenspezifisch von Fläche zu Fläche. Eine Behandlung ist in der Regel nicht vor Ende September notwendig. Grundsätzlich aber erst dann, wenn in der entsprechenden Fläche mehr als 10% Blattfraß vorliegt.

Ziel muss es sein, nicht voreilig zu handeln, denn damit verschärft sich unter Umständen auch die bei uns aktuelle Resistenzsituation bestimmter Wirkstoffgruppen. Wenn der Fraßschäden unter der bei uns geltenden Schwelle bleiben, kann die Behandlung geschoben werden. Von dieser Strategie sollte man sich auch nicht abbringen lassen. Denn in der Fachwelt gilt der Spätherbst nach wie vor als günstiger Behandlungszeitpunkt. Die moderne, integriert arbeitende Praxis wartet also die Bedingungen für die erste Eiablage und die nachfolgende Larvenentwicklung ab und entscheidet anhand der Höhe des Larvenbefalls über die Notwendigkeit oder ggf. auch über den möglichen Verzicht einer Behandlung.

Welche Mittel sind zur Erdflohbekämpfung geeignet?
ErdflohbekämpfungBild vergrößern
Erdflohbekämpfung

Praxistipp: Die Notfallzulassungen Exirel und Minecto Gold sollten zum jetzigen Zeitpunkt noch geschont, also noch nicht ausgebracht werden. Sie wirken teilsystemisch gegen Eier legende Weibchen und Larven in den Blattstielen. Der optimale Zeitpunkt für deren Ausbringung ist die frühe Larvenentwicklung. Erst dann wirken beide Produkte sicher und lang anhaltend.

Achtung: Im Ländle ist das verstärkte Vorkommen des „Schwarzer Kohltriebrüssler“ zu beobachten. Mittlerweile ist bekannt, dass der Schädling extrem schnell mit der Eiablage beginnt. Sollten 10 Tiere dieser Rüßlerart innerhalb von 3 Tagen in den Gelbschalen gefangen werden ist die wirtschaftliche Schadensschwelle erreicht. Dann sollte unbedingt behandelt werden. Mittel der Wahl für diese Maßnahme ist Karate Zeon mit einer Aufwandmenge von 75 ml/ha.

(Informationen vom LTZ Augustenberg vom 08.09.2022)
LTZ Augustenberg
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