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16.03.2022 | 02:35 | Corona-Maßnahmen 

Corona-Lockdown jährt sich zum zweiten Mal

Mainz - Die erste Infektion mit dem Coronavirus ist in Rheinland-Pfalz am 26. Februar 2020 nachgewiesen worden.

Corona-Maßnahmen
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Plötzlich stand das Leben größtenteils still: Das Coronavirus hat vor zwei Jahren zu bis dahin beispiellosen Schließungen und Kontaktbeschränkungen in der Nachkriegsgeschichte geführt. Vorbei ist die Pandemie noch immer nicht. (c) proplanta
Keinen Monat später wurden am 16. März aus Sorge vor der raschen Ausbreitung die Schulen geschlossen. Zwei weitere Tage später folgten auch viele Geschäfte, Kneipen und Freizeiteinrichtungen wie Kinos und Museen.

Größere Feiern wurden im Kampf gegen das Virus untersagt. Vom 21. März an waren auch Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten, Restaurants mussten geschlossen bleiben. Erstmals gelockert wurde ab dem 4. Mai. Was hat der Lockdown gebracht, was sind die Lehren daraus?

Die Sicht des Virologen:

Der Mainzer Virologe Bodo Plachter weist darauf hin, dass es vor zwei Jahren kaum Möglichkeiten einer Therapie gegen Covid-19 und auch keine Impfstoffe gegeben habe. Er zeigte Verständnis für den Lockdown: Trete ein neues Virus auf, sei es sinnvoll, «möglichst schnell strenge Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört im Prinzip auch der Lockdown», sagte er. Es sei darum gegangen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wie man das zuvor in anderen Ländern habe beobachten können.

Mittlerweile habe sich die Situation geändert, da es einen relativ guten Schutz durch Impfstoffe gebe, sagte der Virologe weiter. Trotz sehr hoher Infektionszahlen gebe es derzeit keine deutliche Überlastung des Gesundheitssystems. Hundertprozentig auszuschließen sei eine derart eingreifende Maßnahme aber nicht, falls ein neuer Erreger auftrete oder eine neue Variante des Corona-Virus, die die Impfung komplett umgehen würde. «Doch danach sieht es im Moment nicht aus», sagte er.

Der Verlauf:

67 Covid-19-Patienten lagen nach Angaben des Gesundheitsministeriums am 20. März 2020 wegen einer Covid-19-Infektion im Krankenhaus, 12 von ihnen auf Intensivstation. Landesweit gab es damals bis zu 804 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit. Diese wurden ab dem 24. November auf 1.348 hochgefahren. Seit dem 18. August 2021 sind es noch 1.340.

Der Lockdown machte sich in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen positiv bemerkbar. Am 3. April 2020 lagen erstmals mehr als 300 Menschen (306) mit Covid im Krankenhaus. Nach 391 am 16. April gingen die Fälle auf nur noch 10 am 18. Juni zurück.

Im Herbst kam es dann wieder zu einem deutlichen Anstieg auf den bisherigen Höhepunkt von 1.160 am 29. Dezember 2020. Zuletzt wurden mehr als 800 Menschen mit einer Coronavirus-Infektion im Krankenhaus behandelt. Der Anteil der Patienten auf den Intensivstationen lag zu Beginn (20. März 2020) bei 18 Prozent und erreichte im Juni 2020 mit 63 Prozent den bisherigen Höhepunkt. Zuletzt waren es nur noch 11 bis 12 Prozent.

Schulen und Kitas:

Am 16. März 2020 werden alle rund 1.600 Schulen und mehr als 2.500 Kitas geschlossen. In den leeren Schulen beginnen kurz darauf die Abiturprüfungen. Für Kinder ohne Betreuungsmöglichkeit findet eine Notbetreuung statt. Am 27. April, sechs Wochen später, setzt die schrittweise Wiederöffnung der Schulen ein - unter den Bestimmungen eines strengen Hygieneplans. Aber die Pandemie prägt den Schulalltag bis heute.

Auch im Sommer 2020 finden Einschulungen meist im Freien statt. Im Winter 2020/21 gehen die Schulen stufenweise zu Wechselunterricht oder zeitweise auch ausschließlich zum Fernunterricht über. Mit regelmäßigen Corona-Tests ab März 2021 setzt eine neue Phase ein.

Auch mit Blick auf die zunehmend sichtbaren nachteiligen Folgen bekommt der Präsenzunterricht im Klassenraum absolute Priorität. Die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen soll jetzt doch noch nicht ab dem 20. März, sondern erst ab dem 2. April fallen. Auch getestet wird weiterhin.

Auswirkungen auf den Einzelhandel:

«Die Folgen des Lockdowns waren und sind verheerend. Kunden konnten nicht mehr in die Läden kommen, Ware konnte nicht veräußert werden, was insbesondere den Modehandel im wichtigen Frühjahrsgeschäft hart traf», erinnert sich Thomas Scherer, Geschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz, zurück.

Die Hilfen des Bundes seien nur spärlich geflossen und das Land Rheinland-Pfalz habe zunächst auch nur in Einzelfällen zusätzliche Kredite, aber keine nichtrückzahlbaren Hilfen geleistet, kritisierte er. Der Handel sei nie ein Infektionstreiber gewesen.

Der Lockdown habe den Handel aber nicht nur finanziell, sondern auch psychisch getroffen. «Die jahrelange Arbeit der Unternehmer, ihr Engagement ... wurde von einem auf den anderen Tag ... missachtet», kritisierte er. Hilflosigkeit, Existenzangst und Verzweiflung hätten sich breit gemacht.

Viele Unternehmen hätten diese Maßnahme nicht nachvollziehen können und das Vertrauen in die Politik verloren. «Wir hoffen, dass die Politik aus der Vergangenheit lernt, und nicht erneut zu diesem Mittel greift.»

Folgen für die Gastronomie und Hotellerie:

Die «quälend langen Monate des pauschalen Lockdowns» hätten viele Betriebe - trotz aller Wirtschaftshilfen - in Existenznot gebracht, sagte der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Gereon Haumann, im Rückblick.

Neben den hohen Umsatzverlusten habe das Gastgewerbe in dieser Zeit ein Viertel der Mitarbeiter verloren, da diese keine Perspektive mehr für einen sicheren Arbeitsplatz im Gastgewerbe gesehen hätten.

«Schließungen oder Teilschließungen von Betrieben sind nutz- und wirkungslos, das zeigt die Erfahrung der vergangenen Zeit», erklärte Haumann. Inzwischen gebe es wissenschaftliche Studien, die belegten, dass die wahren Infektionsherde insbesondere in privaten Wohnräumen liegen. «Eine erneute Schließung würde Hunderte Betriebe in ihrer Existenz gefährden, Tausende Arbeitsplätze erneut in Frage stellen.»

Der Dehoga behalte sich vor, in diesem Falle auch vor Gericht zu ziehen. «Es gibt und gab in den über 20 Monaten in der Pandemie kein einziges signifikantes Infektionsgeschehen bei unseren rund 12.000 Betrieben», betonte er. «Wir sind nicht Ursache des Problems, sondern ein wichtiger Teil der Lösung.»

dpa/lrs
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