Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
12.02.2016 | 00:18 | Glutenunverträglichkeit 

Zöliakie: Wenn Getreide zum Feind wird

Stuttgart - Übelkeit nach einem Butterbrot oder Durchfall nach einer Pizza können auf eine Zöliakie hindeuten. Rund 400.000 Deutsche leiden unter einer dauerhaften Überempfindlichkeit gegen Gluten, ein Eiweiß dass in vielen Getreidearten vorkommt.

Zölliakie
Obwohl nur 0,5 Prozent der Deutschen kein Gluten verträgt, finden glutenfreie Lebensmittel reißenden Absatz. Frauen sind von Zöliakie etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. (c) proplanta
Wie man eine Glutenunverträglichkeit erkennt, welche Lebensmittel gefährlich werden können und wie sie sich behandeln lässt, erfahren Sie hier.

Zöliakie, was ist das?



Bei einer Zöliakie (glutensensitive Enteropathie, früher auch Sprue genannt) kommt es durch den Verzehr von getreidehaltigen Lebensmitteln zu einer chronischen Entzündung (Gastritis) im Dünndarm. Bereits kleinste Mengen Gluten führen dazu, dass sich das Immunsystem gegen die Zellen der eigenen Darmschleimhaut richtet. Die Schleimhaut des Dünndarms wird durchlässiger, die Darmzotten, über welche die Aufnahme der Nährstoffe aus dem Darm ins Blut erfolgt, flachen ab.

Der Darm kann die lebenswichtigen Nährstoffe (z.B. Kalzium, Eisen, Vitamine) nur noch unzureichend verwerten und aufnehmen. Stattdessen werden sie mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Folgen reichen von Mangelerscheinungen (z.B. Eisenmangel), Osteoporose bis hin zu Darmkrebs.

Zöliakie: Autoimmunerkrankung oder Allergie?



Die Zöliakie ist die häufigste Lebensmittelintoleranz in Europa. Experten sind sich nach wie vor nicht einig darüber, ob es sich bei der Glutenunverträglichkeit um eine Nahrungsmittelallergie (d.h. übermäßige Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen eine harmlose Substanz) oder um eine Autoimmunerkrankung (d.h. überschießende Reaktion des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe) handelt. Tatsächlich hat die Krankheit sowohl Elemente einer Allergie, als auch einer Autoimmunerkrankung.

Oft wird die chronische Dünndarmerkrankung auch als Glutenallergie bezeichnet. Diesen Begriff sollte aber eher vermieden werden, da er sich in der Wissenschaft nicht durchgesetzt hat.

Zöliakie durch Vererbung?



Vererbung spielt bei Zöliakie eine entscheidende Rolle. Ist ein Verwandter ersten Grades (Geschwister, Eltern oder Kinder) von einer Zöliakie betroffen, besteht für Familienangehörige ein etwa dreifach höheres Risiko daran zu erkranken. Aber auch Umweltfaktoren und das Essverhalten haben einen wichtigen Einfluss auf die Entstehung der Erkrankung.

Zöliakie tritt häufig erstmals im Kindesalter - zwischen dem ersten und achten Lebensjahr - auf. Erstes Anzeichen die auf die Krankheit hindeuten sind ein aufgeblähter Bauch, Durchfälle und Wachstumsstörungen.

Forscher vermuten, dass viele Kinder heute unter so hygienischen Bedingungen aufwachsen, dass die Körperabwehr nicht ausreichend trainiert wird. Denkbar sei aber auch, dass die Neigung zu der Krankheit davon abhängt, in welchem Alter Kleinkinder mit Gluten in Kontakt kommen. Experten raten daher Säuglinge bis zum vollendeten ersten Lebensjahr, mit glutenfreier Babynahrung zu füttern.

Die Zöliakie kann allerdings auch im höheren Alter - oft zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr - erstmalig auftreten. Grundsätzlich kann sich die Krankheit aber in jeder Altersstufe entwickeln.

Symptome einer Zöliakie



Gluten ist ein Klebereiweiß, das in den meisten Getreidesorten wie zum Beispiel Weizen, Roggen, Hafer, Gerste und Dinkel enthalten ist. Bereits ein Bissen Brot kann bei den Zölis, wie sich die Betroffenen in Deutschland selbst nennen, zu unangenehmen Folgen führen. Die Symptome einer Zöliakie sind sehr unspezifisch und daher oft schwer zu erkennen. Oft bleibt eine Unverträglichkeit jahrelang unentdeckt.

Typische Zöliakie-Symptome sind Blähungen, fettiger Durchfall, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Übelkeit. Aber auch Gelenksschmerzen, Verstopfungen, Eisenmangel und Vitaminmangel sind möglich. Für die Beschwerden kommen daher noch eine Menge anderer Krankheiten, wie z.B. eine Nahrungsmittelallergie in Betracht. (vgl.

Häufige Auslöser von Nahrungsmittelallergien)



Zudem tritt Zöliakie häufig gemeinsam mit anderen Krankheiten, wie z.B. Diabetes mellitus Typ 1, Nesselsucht, Down-Syndrom oder Schilddrüsenerkrankungen auf. Da die Darmschleimhaut geschädigt ist, kann auch eine Histaminintoleranz oder eine Fruchtzuckerunverträglichkeit auftreten.

Diagnose: Bluttest und Gastroskopie



Zur Diagnose wird ein Bluttest auf spezifische Antikörper (Endomysiale Antikörper – EMA, Gewebs-Transglutaminase-Antikörper – tTG) durchgeführt. Konnte der Arzt Antikörper nachweisen, wird in der Regel eine Magenspiegelung (Gastroskopie) und Dünndarm-Biopsie durchgeführt. Dabei wird eine Gewebsprobe entnommen.

Wichtig: Wenn sich der Patient bereits einige Zeit glutenfrei ernährt hat, kann es passieren, dass es zu einer falschen Diagnose kommt. Eine Umstellung auf glutenfreie Kost sollte erst nach der Diagnoseerstellung erfolgen.

Zöliakie: Therapie



Eine Zöliakie lässt sich nicht ursächlich behandeln. Die einzige Therapie, die es gibt, ist eine lebenslange Ernährungsumstellung hin zu einer glutenfreien Kost. Durch Einhaltung einer strikten Diät lässt die chronische Entzündung meist schon nach kurzer Zeit wieder nach. Die Dünndarmschleimhaut erholt sich und die für die Nährstoffaufnahme wichtigen Darmzotten werden wieder ausgebildet. Wird die Diät nicht eingehalten, besteht ein erhöhtes Risiko für Lymphknotenveränderungen (und Krebs) im Dünndarm.

Glutenintoleranz: Ernährung



Wo ist überall Gluten drin? Was darf ich eigentlich noch essen? Was kann ich im Restaurant bestellen? Die Umstellung auf eine glutenfreie Kost ist nicht ganz einfach und sollte gemeinsam mit einem Ernährungsberater stattfinden. Betroffene sollten sich vor allem ein gutes Grundwissen aneignen, womit sie glutenhaltige Produkte ersetzen können.

Herkömmliches Mehl kann zum Beispiel durch Buchweizenmehl oder Johannisbrotkernmehl ersetzt werden. Sie sind im Handel sehr gut erhältlich und eignen sich zum Backen von Brot, Kuchen und Gebäck. Ebenfalls geeignet sind Mehle aus Mais oder Kartoffeln sowie Soja, Kichererbsen oder Kastanien.

Glutenfreie Lebensmittel Liste



Diese Lebensmittel sind glutenfrei:

Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Amaranth, Soja, Edelkastanien, Kartoffeln, Topinambur, Quinoa, Tapioka, Hanf

Alle Obst- und Gemüsesorten

Kartoffeln, Salate

Milch, Naturjoghurt

Buttermilch, Quark

Butter, Frischkäse natur

Naturkäse

Pflanzenöle

Fleisch (Vorsicht bei Wurst!)

Fisch und Meeresfrüchte

Zucker

Honig, Konfitüre, Marmelade, Ahornsirup

Nüsse und Samen

Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Sojabohnen, Kichererbsen)

reine Gewürze und Kräuter

Eier

Tofu, Sojamilch

Mozzarella in Salzlake

 reine Fruchtsäfte, Wasser

Wein, Sekt

Xanthan (glutenfreies Verdickungs- und Geliermittel das häufig zum Backen verwendet wird)

Tipp: Auf der Seite der deutschen Zöliakie-Gesellschaft finden Patienten eine Lebensmittelliste mit glutenhaltigen und glutenfreien Produkten sowie aktuelle Berichte und Hintergrundinformationen rund um das Thema Zöliakie.


Auch interessant:
Weizen besser als sein Ruf
proplanta
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Forscher wollen KI zur Vorhersage von Pollen einsetzen

 Es geht wieder los: Eichenprozessionsspinner in Aktion

 Pollenallergiker müssen sich auf höhere Belastung einstellen

 Schnupfen, Allergie & Co. - Wundermittel Salzspielplatz?

 Pollensaison 2024 startet intensiv

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken