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02.01.2011 | 11:05 | Debatte: Zukunft der Sicherheitsforschung 

Bernd Müller-Röber: Auch bei klassisch gezüchteten Pflanzen können Probleme auftreten

Darmstadt/Aachen - Angesichts wachsender Weltbevölkerung, Klimawandel und Ressourcenknappheit stehen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung vor neuen Herausforderungen. Auch gentechnische Methoden werden dabei eine Rolle spielen. bioSicherheit sprach mit Prof. Dr. Bernd Müller-Röber über diese Themen.

Prof. Dr. Bernd Müller-Röber
Prof. Dr. Bernd Müller-Röber (c) bioSicherheit.de
Prof. Dr. Bernd Müller-Röber ist Biologe und leitet zwei Arbeitsgruppen an der Universität Potsdam und am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Pflanzengenomforschung sowie Wachstumsprozesse und Genregulation bei Pflanzen. Unter anderem ist er stellvertretender Vorsitzender des BioÖkonomieRates und Sprecher des Arbeitskreises Gentechnik der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

bioSicherheit: Wo liegen Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Herausforderungen in der Pflanzenzüchtung in den nächsten zehn Jahren?

Bernd Müller-Röber: Auf der einen Seite haben wir biologische Fragestellungen, die zwingend bearbeitet werden müssen, auf der anderen Seite haben wir technologische Weiterentwicklungen. Was natürlich weiterhin sehr wichtig ist, ist die Frage von Stresstoleranzen, sowohl biotische als auch abiotische. Man sieht ja jetzt, dass sich die Umwelt verändert, und auch wenn es vielleicht nur leichte Veränderungen in der Temperatur sind, kann das deutliche Einflüsse auf die Ertragsleistung von Pflanzen oder auch auf die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern haben. Die Suche nach Genen, die Stresstoleranz vermitteln, und die Züchtung entsprechender Pflanzen wird weiterhin sehr wichtig sein und vermutlich sogar noch wichtiger werden. Der zweite Bereich, der bisher noch nicht hinreichend bearbeitet ist, ist die Frage, wie das aufgenommene Kohlendioxid innerhalb der Pflanze an die wachsenden Pflanzenteile verteilt wird, also wie die Pflanze die Produktion von Samen im Vergleich zu Wurzeln, im Vergleich zu Blättern, im Vergleich zu Früchten regelt. Hierzu gehört auch die Frage der Optimierung der Photosyntheseleistung, also der Umwandlung von C3-Pflanzen in C4-Pflanzen. Es gibt ja beispielsweise Projekte, wo man das mit Reis versucht - das ist natürlich sehr visionär, aber die nächsten Jahre werden sicher wichtige Grundlagen liefern für ein besseres Verständnis der molekularen Regulationsmechanismen, die im Zusammenhang mit der C4-Photosynthese stehen.

Der dritte Bereich ist die technische Optimierung auch von Pflanzen. Wie weit man da kommen wird, ist im Moment noch schwer abzuschätzen. Bei der Herstellung von Bioethanol aus Stroh, Holzresten oder Gräsern gibt es ja das Problem, dass die pflanzlichen Zellwände zunächst aufgeschlossen werden müssen. Da hat man prinzipiell verschiedene Ansatzpunkte, entweder dass man die Aufschlussverfahren optimiert - chemisch-physikalisch oder biotechnologisch, das heißt, mit Mikroorganismen oder Enzymen - oder dass man die Pflanzen verändert. Vermutlich wird man beides versuchen müssen, wenn man dort weiterkommen möchte.

Dann wird die Effizienz der Aufnahme und Nutzung von Nährstoffen ein wichtiges Thema bleiben, da gibt es noch viele offenen Fragen. Und schließlich die pflanzliche Epigenetik, die bisher nur sehr wenig verstanden ist, insbesondere bei Kulturpflanzen. Bislang weiß man, dass epigenetische Prozesse im Zusammenhang mit dem Blühverhalten eine sehr wichtige Rolle spielen, und das Blühverhalten ist natürlich für den Samenertrag ganz wichtig. Inzwischen gibt es auch Arbeiten, die darauf hindeuten, dass die Reaktionen von Pflanzen auf Umweltstress zum Teil über epigenetische Prozesse reguliert werden, aber das versteht man noch sehr wenig.

Sämtliche Aspekte, die in genannt habe, erfordern, dass man auf einer systemischen Ebene versteht, wie Proteine, Gene, Metabolite miteinander in Wechselwirkung treten. Die Systembiologie im Pflanzenbereich wird, glaube ich, eine wichtige Rolle spielen.
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