Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
13.05.2018 | 12:14 | Haushaltspläne 

Dunkle Wolken über dem Agrarhaushalt: EU-Mittelkürzung befürchtet

Göllheim - Der Brexit könnte bald auch den Bauern in Rheinland-Pfalz zusetzen. Weil eine Mehrheit der Briten für den Ausstieg Großbritanniens aus der EU stimmte, kommt bald weniger Geld in die EU-Kassen.

EU-Agrarzahlungen
Der geplante EU-Austritt Großbritanniens reißt ein Loch in den EU-Haushalt. Brüssel will daher beim EU-Agrarhaushalt sparen. Bauern und Landesregierung in Rheinland-Pfalz fürchten negative Folgen. (c) proplanta
Das macht sich bei der Planung für den Haushalt der Europäischen Union bemerkbar: Die EU-Kommission will die Mittel der Agrarpolitik für die nächste Förderperiode von 2021 bis 2027 um fünf Prozent kürzen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) warnt: «Wir sind uns insgesamt sehr einig im Kabinett, dass die Auswirkung des Brexits nicht dazu führen darf, dass der ländliche Raum leidtragend ist.»

Die Landwirte sind Kummer gewöhnt. Im vergangenen Jahr hat ihnen Wettergott Petrus in Rheinland-Pfalz übel mitgespielt. Frost im Frühjahr ließ die Blüten zahlreicher Obstbäume absterben. 66 Obstbetriebe erhielten vom Land deshalb Finanzhilfen. Auch dem Wein machten Frost, lange Trockenheit und viel Regen zu schaffen - und so verzeichneten die Winzer ein Minus bei der Ernte. Die Moselwinzer fuhren im Herbst die kleinste Ernte der vergangenen fünf Jahrzehnte ein. Nun droht wieder schlechtes Wetter - diesmal aus Brüssel.

«Die Stimmung mit solchen Aussichten verdüstert sich natürlich», sagt der Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz-Süd, Eberhard Hartelt. «Langfristig wird sich das auf die Bereitschaft junger Leute, den Betrieb zu übernehmen, auswirken.» Der Bauernpräsident, der einen eigenen Hof in Göllheim im Donnersbergkreis hat, befürchtet eine Zunahme des Höfesterbens. «Das wird Strukturveränderungen nach sich ziehen, die wir immer hatten, aber vielleicht sogar beschleunigen», sagt er.

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen Westerwald und Pfalz ist in den vergangenen Jahren ohnehin rapide zurückgegangen. Von etwas über 20.000 Höfen blieben im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Landesamtes noch etwa 17.000 übrig. Dabei hat sich auch die Struktur deutlich gewandelt: Während es 2010 noch fast 5.500 kleine Höfe mit einer Nutzfläche unter fünf Hektar gab, waren es 2017 noch 3.700. Die Zahl größerer Betriebe mit über 200 Hektar Nutzfläche ging von rund 350 auf 500 nach oben.

Deutschland profitiert bisher stark von den EU-Zahlungen. Von 2014 bis 2020 sind 34,7 Milliarden Euro an Direktzahlungen vorgesehen, rund 9,5 Milliarden Euro sind für die Entwicklung des ländlichen Raums eingeplant. Die Landwirte in Rheinland-Pfalz erhielten im vergangenen Jahr rund 190 Millionen Euro Direktzahlungen. Dazu kamen im Rahmen eines Entwicklungsprogramms (EULLE) aus Mitteln von EU, Bund und Land rund 21 Millionen Euro für Umwelt- und Klimaaktionen sowie über 13 Millionen Euro für die Förderung des Öko-Landbaus.

Die direkten Hilfen für Bauern sollen nach den EU-Plänen um vier Prozent sinken. Diese Mittel hängen vor allem von der Größe der bewirtschafteten Fläche ab. Die Auswirkungen einer EU-Mittelkürzung werden aus Sicht von Bauernpräsident Hartelt vor allem in den schwach strukturierten Regionen besonders groß sein.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte das Ziel der Bundesregierung bekräftigt, das jetzige Niveau der EU-Zahlungen zu halten. Sie will die ländlichen Räume stärken und attraktiver machen - etwa mit der Anbindung an schnelles Internet.

Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) fordert den Bund zu Hilfe auf. «Die Mittel für den Agrarhaushalt haben für Rheinland-Pfalz eine sehr hohe Bedeutung», betont er. Wer den ländlichen Raums wie angekündigt stärken wolle, müsse auch die Finanzierung sicherstellen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Rheinland-Pfalz fordert eine Abkehr von einer Förderung «mit der Gießkanne», bei der die Hektarzahl entscheidet. «Stattdessen muss gelten «öffentliches Geld für öffentliche Leistungen», das heißt gefördert werden muss, was dem Klima-, Tier-, Natur- und Kulturlandschaftsschutz dient», verlangt Landesgeschäftsführerin Sabine Yacoub.

Der Bauernpräsident ist nicht nur wegen des EU-Haushalts besorgt. «Wir brauchen einen vernünftigen Anteil unseres Einkommens über Markterlöse», sagt Hartelt. «Das bedeutet am Schluss auch höhere Nahrungsmittelpreise oder zumindest stabile Nahrungsmittelpreise. Da wird kein Weg dran vorbeiführen.»

Der bisherige Weg, dass die Nahrungsmittel immer billiger werden, könne nicht so weitergehen. Was die geplante Kürzung von EU-Mitteln angeht, da wartet er erstmal ab - denn Vorhersagen treffen nicht immer genau ein. «Es sind noch sehr viele Konjunktive», sagt Hartelt.
dpa/lrs
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Brexit-Folgen verschärfen britische Arzneimittelknappheit

 Neue Brexit-Importgebühr verärgert britische Lebensmittelhändler

 GLÖZ 8: Özdemir schnürt Paket

 Niederlande: Agrarhaushalt mit sehr hohen Risiken

 Britische Inflationsrate verharrt auf 4 Prozent

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken