Wenig davon hält jedoch Niedersachsens
Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünenfraktion erklärte die Ministerin am Donnerstag (11.11.) im Landtag, dass eine Umstrukturierungs- beziehungsweise Ausstiegsprämie nach erster Prüfung beihilferechtlich nicht machbar sei. Zudem könne sie, je nach Ausgestaltung, viele Mitnahmeeffekte begünstigen. Außerdem entfalte diese keine marktstabilisierende Wirkung.
„Wenn die
Schweinebestände durch isolierte Maßnahmen in Deutschland oder Niedersachsen verringert werden, führt das nur dazu, dass das Fleisch aus anderen Ländern auf die deutschen Märkte drängt“, so die Ministerin. Sie verwies dabei auf die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), nach denen „eine reine Ausstiegsprämie lediglich zur Verlagerung der Erzeugung ins Ausland führen wird“. Diese Auffassung vertrete übrigens auch der Bund und die gesamte deutsche Agrarökonomie.
Das Ausstiegsprogramm in den Niederlanden könne auch nicht als „leuchtendes Bespiel“ dienen, sagte Otte-Kinast. Bei den Nachbarn verhindere die Stickstoffquote, dass beim Ausstieg eines Schweinehalters nicht andere sofort in die Produktion einstiegen.
„Eine solche Quote gibt es in Deutschland nicht und wird es auch nicht geben“, betonte die Ministerin. Über die von der
ISN vorgeschlagene Zukunftsprämie, um vorrangig die weiter aktiven Schweinehalter finanziell zu unterstützen, sei noch nicht entschieden.
Fördermöglichkeiten nutzen
Um den in Existenznot geratenen Schweinehaltern kurzfristig unter die Arme zu greifen, hätten die Finanzämter das rechtliche Instrumentarium, um einzelfallbezogen durch Herabsetzung der Vorauszahlungen, Stundung oder Erlass von Steuerforderungen zu helfen, erklärte Otte-Kinast. Schweinehalter könnten auch von der Corona-Überbrückungshilfe III profitieren, wenn sie durch die Pandemie Einbußen erlitten hätten.
Aus- und umstiegswillige
Betriebe hätten zudem die Möglichkeit, auf bestehende Fördermaßnahmen wie die Umstellungsprämie für den ökologischen
Landbau, die Umnutzungen im Rahmen der
Dorferneuerung und Basisdienstleistungen zurückzugreifen, wenn das Vorhaben wirtschaftlich tragfähig sei. Das gelte auch für geförderte Investitionen in tierfreundliche Schweineställe - Neubauten oder Umbauten, über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm.
Das wichtigste aber sei, „dass das Konzept der Borchert-Kommission oberste Priorität für die neue Bundesregierung hat und nun zügig und vollumfänglich umgesetzt wird“, betonte die CDU-Politikerin.
Kalte Enteignung
Der Agrarsprecher der FDP-Fraktion, Hermann Grupe, wies indes auf die enormen Verluste der Schweinehalter bei gleichzeitig steigenden Anforderungen an die Stallbauten hin. „Umbauten sind nicht finanzierbar, die vorhandenen Ställe sind nicht mehr erlaubt - das ist nichts anderes als kalte Enteignung“, kritisierte der FDP-Politiker.
Die gegenwärtige Lage zeige die völlige Perspektivlosigkeit, in die die
Agrarpolitik die Landwirtschaft manövriert habe. Ministerin Otte-Kinast habe darauf keine Antwort. „Zukunft gibt es nicht per Prämie. Eine solide, verlässliche Politik wäre vonnöten“, so Grupe.
Ostdeutsche Halter in Bedrängnis
Die katastrophale Lage der Schweinehalter stand auch beim Mitteldeutschen Schweinetag am Donnerstag in Halle im Mittelpunkt. Wie der Thüringer
Bauernverband (TBV) berichtete, kämpfen die ostdeutschen Schweinehalter mit historisch niedrigen Erlösen und explodierenden Futtermittelkosten.
„Seit Monaten verlieren sauenhaltende Betriebe mit jedem aufgezogenen Ferkel 50 Euro,
Schweinemäster pro vermarkteten
Mastschwein 60 Euro“, beklagte der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Thüringen, André Telle. Eine Kugel Eis koste mittlerweile mehr als ein Kilogramm Schweinefleisch. Das stehe alles in keinem Verhältnis mehr und sei eine Schmach sowie Herabwürdigung für alle Schweinehalter.
Viele Erzeuger wüssten aufgrund der weiter auseinandergehenden Kosten-Erlös-Schere nicht, wie sie ihre Betriebe weiterentwickeln sollten und dächten über die
Betriebsaufgabe nach. Um letzteres zu verhindern, müssen aus Sicht des Berufsstandes die Vorschläge der Borchert-Kommission konsequent umgesetzt und das Bau- sowie Genehmigungsrecht für Stallanlagen angepasst werden.
Für den Geschäftsführer der Thüringer Agrargesellschaft Neunheilingen, Marko Hesse, ist auch ein „klares Bekenntnis von der Politik und den Marktteilnehmern“, zur deutschen
Schweineproduktion nötig. Ein richtungsweisender Ansatz wäre dabei das 5xD-Prinzip. Es müsse perspektivisch zu einer Solidaritätsgemeinschaft aller Beteiligten über die Marktstufen hinweg kommen.