Es gehe darum, eine «Tierschutzkatastrophe» zu verhindern, sagte die Präsidentin des Bundesverbandes der Wurst- und Schinkenproduzenten, Sarah Dhem, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) müsse sich der Sache annehmen. «Der Staat muss die Schweine übernehmen und die Schlachtung organisieren», sagte Dhem. Das Fleisch könnte dann eingelagert und die Verarbeitung per Ausschreibung angestoßen werden.
Sie greift damit einen Vorschlag auf, den zuvor auch schon der Verband der
Fleischwirtschaft gemacht hatte, also die Dachorganisation der großen Schlachtunternehmen. Dhem widersprach dem Vorwurf, die Wurstproduzenten weigerten sich, das Fleisch der Tiere aus der Sperrzone zu verarbeiten. «Im Kern muss das Fleisch auf 80 Grad erhitzt werden. Das können wir in unserem
Betrieb beispielsweise gar nicht und viele andere auch nicht», sagte die Verbandspräsidentin.
«Alle müssen mitziehen - von der Schlachtung, Zerlegung über die Kühlhäuser und die Verarbeitung bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel», sagte eine Sprecherin des niedersächsischen
Landwirtschaftsministerium am Montag. Für die Zukunft werde eine bundesweite Lösung benötigt. Niedersachsen habe einen entsprechenden Beschluss für die nächste Agarministerkonferenz auf den Weg gebracht. Ziel sei es, bundesweit Schlachthöfe und Verarbeitungsbetriebe vorzuhalten, die sich für den Tierseuchenfall verbindlich verpflichteten, Tiere aus Sperrzonen zu schlachten und zu verarbeiten. «Dabei erhofft man sich deutliche Unterstützung von Bundesminister Özdemir», sagte die Sprecherin. Die nächste
Agrarministerkonferenz beginnt am 15. September in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt).
Anfang Juli war in einem Betrieb in Emsbüren im Emsland die Afrikanische
Schweinepest (ASP) festgestellt worden. Rings um den Hof wurde eine Schutz- und Überwachungszone eingerichtet, von der 300
Betriebe mit mehr als 190.000 Tieren betroffen sind, obwohl es bislang keinen weiteren Ausbruch der
Tierseuche gegeben hat. Tausende Tiere müssen dringend geschlachtet werden, sonst wird es in den Ställen zu eng. Auch die Landwirte warnten bereits vor massiven Tierschutzproblemen.
Die «Tierschutzkatastrophe» sei menschengemacht, sagte Rüdiger Jürgensen von der Tierschutzstiftung Vier Pfoten am Montag. Die aktuelle Situation offenbare eine Achillesferse der intensiven Landwirtschaft. Die negativen Konsequenzen für Landwirtinnen und Landwirte sowie für die Tiere seien systembedingt. Kurzfristig müssten in den betroffenen Sperrbezirken zusätzliche Schlachtmöglichkeiten geschaffen werden, forderte Jürgensen.
«Langfristiges Ziel muss es allerdings sein, weit weniger Tiere zu halten und eine flächengebundene Tierhaltung mit regionalen und betrieblichen Bestandsobergrenzen sowie regionalen Schlachtmöglichkeiten zu etablieren.»