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27.03.2022 | 11:19 | Getreidemarkt 

Getreiderat erwartet deutlich weniger Schwarzmeerware

London - Die Weizen- und Maisausfuhren Russlands und der Ukraine dürften im laufenden Vermarktungsjahr 2021/22 kriegsbedingt deutlich kleiner ausfallen als bislang prognostiziert.

Getreideernte
Ukrainischer Weizenexport 2021/22 auf 20,8 Millionen Tonnen veranschlagt - Fünfjahrestief für Russlands Ausfuhren erwartet. (c) proplanta
Der Internationale Getreiderat (IGC) senkte seine Vorhersage für die ukrainischen Weizenausfuhren in seinem aktuellen März-Bericht im Vergleich zum Vormonat um 3,7 Mio. t auf 20,8 Mio. t. In der vergangenen Saison hatte das Land aufgrund einer relativ schlechten Ernte allerdings nur 16,8 Mio. t Weizen im Ausland vermarktet.

Ihre Voraussage für die Weizenexporte Russlands in der aktuellen Saison setzten die Londoner Experten um 1,5 Mio. t auf das Fünfjahrestief von 31,8 Mio. t herab; damit würde die Vorjahresmenge von 38,2 Mio. t deutlich verfehlt. Die erhebliche Eskalation der Spannungen zwischen den beiden Ländern habe Ende Februar zu einem völligen Stillstand der Weizenverschiffungen aus der Ukraine geführt, erklärte der IGC.

Derweil hätten sich die Getreidelieferungen aus Russland angesichts zunehmender internationaler Sanktionen, steigender Schiffsversicherungsprämien und der Aussetzung des Betriebs in den Häfen am Asowschen Meer deutlich verlangsamt.

Globaler Weizenhandel aber auf Rekordniveau

Nach Angaben des IGC hat die erhöhte Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Schwarzmeerweizen in den vergangenen Wochen zu einem größeren Kaufinteresse für EU-Ware geführt. Deshalb hoben die Fachleute ihre Exportprognose für diese Herkünfte für 2021/22 um 1,0 Mio. t auf 33,9 Mio. t an. In der Kampagne 2020/21 hatte die EU 28,1 Mio. t Weizen ausgeführt.

Ihre Voraussage für den globalen Weizenhandel kürzten die Experten in London dagegen um 2,9 Mio. t auf 194,0 Mio. t. Dennoch wäre dies die bislang größte international umgeschlagene Weizenmenge; das Vorjahresniveau würde noch um 3,7 Mio. t übertroffen. Auf der Einfuhrseite senkte der Getreiderat seine Prognosen unter anderem für Ägypten, Marokko und Tunesien um jeweils 200.000 t auf 12,6 Mio. t sowie 4,2 Mio. t und 1,7 Mio. t. Die Vorhersage der Weizenimporte von Subsahara-Afrika wurde indes bei 25,6 Mio. t belassen.

Kaum Frostschäden in Russland

Wie der IGC mit Blick auf den globalen Weizenanbau zur Ernte 2022/23 ausführte, dürfte das betreffende Areal im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 % auf insgesamt 225,2 Mio. ha abnehmen. Im Einzelnen wird für die Ukraine mit einer Einschränkung um 1,1 Mio. ha oder 15 % auf 6,3 Mio. ha gerechnet. Allerdings sei diese Voraussage mit sehr großer Unsicherheit behaftet, weil sich über die dortige Verfügbarkeit von Betriebsmitteln, Treibstoff und Arbeitskräften kaum Aussagen treffen ließen, erklärten die Londoner Fachleute.

Die russische Weizenfläche zur diesjährigen Ernte schätzen sie auf 28 Mio. ha; das wären nur 0,2 % weniger als im Vorjahr. Dort seien die Bedingungen für die Überwinterung der Feldfrüchte unter dem Strich bisher günstig gewesen, wobei die Niederschläge in den meisten Regionen überdurchschnittlich ausgefallen seien. Nur vereinzelt sei von Frostschäden berichtet worden.

Fast 11 Millionen Tonnen Mais weniger

Die Welthandelsmenge an Mais sieht der IGC nun für 2021/22 bei nur noch 172,7 Mio. t; das sind 6,1 Mio. t weniger als noch im Februar prognostiziert. Der im Vorjahr erreichte Rekord würde demnach um 8,4 % verfehlt. Die Londoner Fachleute begründen die beträchtliche Korrektur wie beim Weizen vor allem mit dem kriegsbedingten Ausfall der Lieferungen aus der Ukraine.

Die Maisausfuhren des Landes in der laufenden Saison werden jetzt auf nur noch 21,0 Mio. t Mais; die Prognose vom Februar hatte noch um 10,9 Mio. t höher gelegen. Die Vorjahresmenge wird auf 23,1 Mio. t geschätzt. In der Ukraine sei zwar zuletzt ein Exportlizenzsystem eingeführt worden; allerdings würden die Behörden die Genehmigungen bereits kurz nach der Beantragung erteilen.

Außerdem gebe es Bemühungen, die Maislieferungen per Bahn in die Nachbarländer auszuweiten und die Ware von dort zu verschiffen. Die betreffende Kapazität werde aber auf lediglich rund 20.000 t täglich taxiert.

Ukrainische Maisfläche deutlich kleiner

Dem Getreiderat zufolge zeigen aktuelle Zolldaten, dass die EU von Juli bis Dezember 2021 42 % ihrer Maiseinfuhren aus der Ukraine bezog. Nun bemühten sich die Händler intensiv, Ware von woanders zu beschaffen, unter anderem aus den USA und Südamerika.

Dennoch senkten die Londoner Fachleute ihre Voraussage für die EU-Maiseinfuhren 2021/22 um 1,0 Mio. t auf 13,5 Mio. t, nach 15,3 Mio. t im Vorjahr. Wie mit Blick auf den globalen Maisanbau 2022/23 ausgeführt wird, ist mit der Aussaat auf 202,2 Mio. ha zu rechnen; das wären 0,9 % weniger als zur Ernte 2021/22.

Begründet wird der Rückgang neben dem Ukraine-Krieg auch mit der sehr unsicheren Entwicklung der Preise für Stickstoffdünger und der Verfügbarkeit desselben. Dies dürfte die Motivation zur Aussaat dieser Getreideart weltweit dämpfen, auch in der EU und den USA.

Derweil seien die Anbaupläne der ukrainischen Bauern kriegsbedingt weitgehend unklar. Obwohl die dortigen Behörden die Landwirte aufgefordert hätten, möglichst viel Mais zu säen, dürfte die betreffende Fläche zugunsten von Getreide für die menschliche Ernährung und von Eiweißpflanzen deutlich eingeschränkt werden, so der Getreiderat. Er veranschlagt das Areal auf lediglich 3,4 Mio. ha, nach 5,5 Mio. ha im Vorjahr. Im Februar war für die Ukraine noch mit 5,3 Mio. ha Mais gerechnet worden.
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Weizen- und Maisexporte Russlands und der Ukraine
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