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21.08.2022 | 07:01 | Getreidemarkt 

IGC: Getreideangebot der Ukraine fällt auf Zehnjahrestief

London - Das Getreideangebot in der Ukraine dürfte in der laufenden Vermarktungssaison wegen des voraussichtlich deutlichen Produktionsrückgangs und trotz des enormen Anstiegs der dortigen Lagerbestände als Folge des kriegsbedingten Exporteinbruchs auf das Zehnjahrestief von 69,4 Mio t fallen.

Getreidehandel
Diesjährige Getreideernte in dem Kriegsland dürfte trotz optimistischerer Aussichten die Vorjahresmenge um fast 40 Prozent verfehlen - Sehr umfangreiche Getreidelagerbestände wegen Exporteinbruch - Weizenernte auf nur 19,4 Millionen Tonnen veranschlagt - Maisaufkommen wohl gut ein Drittel kleiner als im Vorjahr - Prognose für ukrainische Getreideexporte deutlich nach oben angepasst - Globaler Getreidehandel schrumpft 2022/23 wohl um fast 4 Prozent. (c) proplanta
Davon geht jetzt zumindest der Internationale Getreiderat (IGC) in seinem Bericht vom Donnerstag (18.8.) aus. Die Londoner Fachleute hoben ihre Voraussage für die ukrainische Getreideernte 2022/23 zwar um 2,6 Mio t auf jetzt 53,5 Mio t an; dennoch wären das 38,4 % weniger als die Rekordproduktion des vergangenen Jahres.

Die Lagerendbestände für Ende Juni 2023 werden nun bei 15,8 Mio t Getreide gesehen. Das würde gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt einem Abschlag von 100.000 t entsprechen; es wären aber immer noch 10,7 Mio t mehr als die für Ende Juni 2021 ausgewiesene Menge.

Weizenqualität fällt schlechter



Im Einzelnen dürfte die diesjährige Weizenerzeugung in der Ukraine mit 19,4 Mio t um 41,2 % kleiner ausfallen als 2021/22. Erste Berichte über die Winterweizenernte, die rund 97 % der Weizenproduktion ausmachen, bestätigten, dass die Erträge im Vergleich zu den ausgezeichneten Ergebnissen der vergangenen Saison schlechter ausgefallen seien, so die IGC-Experten. Ursachen seien die weit verbreitete Bodentrockenheit und das weniger intensive Bestandsmanagement.

Auch die Qualität der Ware sei schlechter, so dass ein größerer Anteil als im langjährigen Durchschnitt die Anforderungen der Mühlen nicht erfüllen dürfte. Außerdem erwartet der IGC für die ukrainische Maisernte 2022/23 im Vorjahresvergleich einen Rückgang um 34,2 % auf 27,7 Mio t und für Gerste ein Minus von 46,7 % auf 5,3 Mio t. Die Erträge der Wintergerste lägen unter denen des vergangenen Jahres.

Während die Maiskulturen in den zentralen und nördlichen Regionen des Landes von den kühleren und regnerischen Wetterperioden profitierten, seien die Bedingungen im Westen weniger günstig. Der IGC betont, dass die Daten zu den Getreideernteflächen und den betreffenden Erträgen für 2022/23 nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten behaftet seien, vor allem angesichts der Schwierigkeiten beim Zugang zu Feldern in Kriegsgebieten und mit Blick auf den Umfang der Düngemittelausbringung.

Optimistische Exportprognosen



Nachdem Russland und die Ukraine am 22. Juli separate Abkommen mit den Vereinten Nationen und der Türkei über die sichere Durchfahrt von Agrarexporten aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Pivdennyi unterzeichnet haben, wurde von dort seit dem 1. August vorwiegend wieder Mais verschifft. Die Vereinbarung ist zunächst für 120 Tage gültig, kann aber verlängert werden.

In der Erwartung weiter zunehmender Lieferungen auf dem Seeweg passte der IGC seine Prognose für die ukrainischen Getreideausfuhren für Juli 2022 bis Juni 2023 um 7,8 Mio t auf insgesamt 30,4 Mio t an. Dennoch würde damit die Vorjahresmenge von 48,6 Mio t Getreide deutlich verfehlt.

Schiffsverkehr wieder angelaufen



Nach Angaben des Joint Coordination Centre (JCC) in Istanbul, an dem Vertreter des türkischen, ukrainischen und russischen Militärs sowie der Vereinten Nationen (UN) beteiligt sind, verließen bis zum 15. August Schiffe mit insgesamt rund 560.000 t Getreide und anderen Agrarprodukten die Ukraine. Davon entfielen etwa 451.500 t auf Mais und 41.600 t auf Weizen. Darüber hinaus seien 50.300 t Sonnenblumenschrot sowie 6.000 t Sonnenblumenöl und 2.900 t Sonnenblumensaat ausgeführt worden.

Für die laufende und nächste Woche hätten sich etwa 30 Frachter angemeldet, um in der Ukraine Getreide für den Export zu laden, berichtete Vize-Infrastrukturminister Juryj Waskow. Im September könnten 3 Mio t Getreide auf dem Seeweg ausgeführt werden und in den Folgemonaten noch mehr.

Offiziellen ukrainischen Schätzungen zufolge beläuft sich die Ausfuhrkapazität der drei Häfen auf insgesamt 3,5 Mio t Getreide/Monat. Unter der Voraussetzung, dass der Exportkorridor weiterhin reibungslos funktioniert, rechnet auch der Getreiderat für die kommenden Monate mit einem zunehmenden Exportvolumen.

Global zweitgrößte Getreideernte erwartet



Mit Blick auf das globale Handelsvolumen von Getreide erwartet der IGC für 2022/23 im Vorjahresvergleich eine Einschränkung um 15,4 Mio t oder 3,6 % auf 408,9 Mio t. Diese negative Entwicklung wird vor allem mit den voraussichtlich kleineren Exporten der Ukraine begründet. Ihre Prognose für das globale Getreideaufkommen 2022/23 korrigierten die Londoner Fachleute zwar um 4 Mio t auf jetzt 2,248 Mrd t nach unten; das wäre aber immerhin die zweitgrößte Ernte aller Zeiten nach dem im vergangenen Jahr erreichten Rekordvolumen von 2,291 Mrd t.

Der Durchschnitt der vergangenen drei Jahre würde damit um etwa 10 Mio t Getreide übertroffen. Im Einzelnen passte der IGC seine Prognose für die internationale Maisproduktion 2022/23 um 10 Mio t auf jetzt 1,179 Mio t nach unten an; damit würde die Vorjahresmenge um 40 Mio t oder 3,3 % verfehlt. Optimistischer fällt dagegen die Voraussage für globale Weizenerzeugung von 778 Mio t aus; im Juli waren lediglich 770 Mio t erwartet worden. Die Vorjahresmenge würde damit um lediglich 3 Mio t Weizen verfehlt.

Weltweiter Futterbedarf rückläufig



Indes dürfte der weltweite Getreideverbrauch 2022/23 nach Einschätzung des Getreiderats mit voraussichtlich 2,274 Mio t um 17 Mio t kleiner ausfallen als im Vorjahr. Der Bedarf für die menschliche Ernährung und für die industrielle Verwertung nehme zwar zu, doch dem stehe ein größerer Abschlag für die Verwertung als Futtermittel gegenüber, so die Londoner Fachleute.

Für Mais erwarten sie in der laufenden Vermarktungssaison nun gegenüber 2021/22 ein Nachfrageminus von 18 Mio t auf 1,197 Mrd t, während für Weizen ein Plus von 3 Mio t auf 783 Mio t gesehen wird. Indes werden die globalen Getreidebestände laut der aktuellen IGC-Prognose bis zum Ende der laufenden Vermarktungsperiode im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt wahrscheinlich um 26 Mio t oder 4,3 % auf ein Achtjahrestief von 577 Mio t abgestockt.
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Getreideexporte der Ukraine
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