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31.07.2021 | 07:17 | Getreidepreise 2021 

Unsicherheiten am Weizenmarkt

Schwäbisch Gmünd - Nach mehreren aufeinander folgenden Jahren mit überwiegend positiven Bilanzen (Ausnahme 2018/19) waren die Welt-Getreideendbestände zum 30.06.2020 auf ein solides Niveau von rund 635,3 Mio. t angewachsen.

Getreidemarkt 2021
(c) proplanta
Aufgrund mehrfacher Abwärtskorrekturen im Laufe der Saison durch das USDA drehte die Welt-Getreidebilanz 2020/21 erstmals nach 2018/19 von einer anfänglichen Überschussprognose ins Negative und zeigte sich zum Abschluss des Wirtschaftsjahres mit einem Bestandsabbau von 34 Mio. t auf rund 601 Mio. t deutlich defizitär.

Das neue Getreidewirtschaftsjahr 2021/22 soll eine Ernte von 2.289 Mio. t bringen, so viel wie nie zuvor. Der Verbrauch wird mit 2.266 Mio. t deutlich darunter gesehen. Die Endbestände sollen sich um 10 Mio. t auf 610 Mio. t erholen. Der stock-to-use-ratio (Verhältnis zwischen Endbestand und Verbrauch) läge damit für 2021/22 bei 26,9 %.

Im Julibericht 2021 taxierte die EU-Kommission die Getreideernte 2021/22 der EU-27 auf gut 292 Mio. t, der Binnenverbrauch soll bei 263 Mio. t liegen. Nach einer schwachen Ernte im Vorjahr, die mit 278 Mio. t deutlich unterdurchschnittlich lag, wirft die Kommission einen optimistischen Blick auf die diesjährige Ernte.

Der Selbstversorgungsgrad soll mit 111,1 % in Relation zum Durchschnitt der letzten 10 Jahre (107,7) überdurchschnittlich ausfallen. Bei im Vergleich zum Vorjahr leicht umfangreicheren Exporten von 44,6 Mio. t (Vj. 41,9) und etwas eingeschränkten Importen von 19,1 Mio. t (Vj. 20,5) sollen die Endbestände zum 30.06.2022 auf 42,5 Mio. t (Vj. 38,9) anwachsen.

Die deutsche Getreideernte 2021 soll nach der fünften Schätzung des DRV von Mitte Juli eine Erntemenge von 43,84 Mio. t einbringen. Das wären rund 0,6 Mio. t mehr als im Vorjahr. Die Anbaufläche soll um -0,6 % auf 6,024 Mio. ha (Vj. 6,059) leicht rückläufig sein.

Beim Ertrag werden +1,9 % auf 72,8 dt/ha (Vj. 71,4) erwartet. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren waren die Kulturen meist gut bis sehr gut mit Wasser versorgt. Die Ernte startete rund 10 bis 14 Tage später als in den Vorjahren. Historisch gesehen kann man den Erntebeginn in diesem Jahr allerdings eher als „normal" bezeichnen, da dieser in den Vorjahren außergewöhnlich früh lag.

Futtergerste



Nach der Ernte 2020 lagen die Erzeugerpreise für Futtergerste bei eher schwachen 13,50 €/dt. Im Verlauf des Jahres machte sich die Knappheit im Getreidemarkt bei Futtergerste besonders deutlich bemerkbar.

Die Erzeugerpreise kletterten bis zum Frühjahr auf Werte von rund 20 €/dt im Süden. Futtergerste war knapp und kaum noch zu bekommen. Mit Blick auf die neue Ernte 2021 beruhigte sich der Markt etwas. Aktuell wird Futtergerste bei Erzeugerpreisen von rund 16 €/dt besprochen.

Die Wintergerste ist in vielen Regionen Deutschlands inzwischen gedroschen. Lediglich in späten Gebieten stehen noch einzelne Felder. Allerdings ist oftmals Enttäuschung über die Druschergebnisse zu vernehmen. Hatte man wegen der guten Wasserversorgung mit guten bis sehr guten Erträgen gerechnet, konnten oftmals nur enttäuschende durchschnittliche Erträge gedroschen werden. Eher schwache Hektolitergewichte und negative Auswirkungen der Spätfröste im April werden für das Ergebnis als Begründung genannt.

In Summe wurde die Anbaufläche der Wintergerste im Vergleich zum Vorjahr leicht eingeschränkt. Rund 1,256 Mio. ha (Vj. 1,303) wurden angebaut. Ob sich der vom DRV prognostizierte Ertrag von 70,8 dt/ha (Vj. 67,3) bestätigt ist derzeit noch fraglich. Bei diesem Ertragsniveau würde man eine Ernte von 8,89 Mio. t (Vj. 8,77) Wintergerste erwarten.

Auf europäischer Ebene geht man ebenfalls davon aus, dass der Gerstenanbau gegenüber dem Vorjahr leicht eingeschränkt wurde. Erwartet wird nach der Julischätzung der EU-Kommission eine Gerstenernte von 52,6 Mio. t (Vj. 54,6). Weltweit soll nach den Julizahlen des USDA in der Saison 2021/22 ebenfalls eine etwas kleinere Gerstenernte von 155,5 Mio. t (Vj. 159,7) auf dem Halm stehen.

Brotweizen



2020/21 schloss mit einer Welt-Weizenerzeugung von 775,8 Mio. t und einem Verbrauch von 775,9 Mio. t nur knapp ausgeglichen. Der Endbestand zum 30.06.2021 fiel auf einen Wert von 290 Mio. t (stock-to-use-ratio = 37,4 %). Für 2021/22 sieht das USDA in seiner Julischätzung eine knapp positive Bilanz. Einer Erzeugung von 792 Mio. t soll ein Verbrauch von 788 Mio. t gegenüberstehen.

Die Endbestände sollen moderat um 2 Mio. t auf 292 Mio. t steigen. In der EU-27 hebt die Kommission die Weizenernte 2021 (einschl. Durum) in ihrer Julischätzung auf 135,3 Mio. t leicht an. Damit würde nach einem schwachen Vorjahr wieder ein überdurchschnittliches Ernteergebnis eingefahren.

In Deutschland ist 2021 nach Zahlen des DRV mit 2,88 Mio. ha etwa 2% mehr Weizen angebaut worden als im Vorjahr (2,82). Aufgrund einer zusätzlich etwas höheren Ertragsprognose soll 2021 eine Erntemenge von 22,81 Mio. t (Vj. 22,11) eingefahren werden. Die Weizenernte ist in frühen Gebieten voll im Gang, es wird von einem Erntefortschritt von 50 bis 60 % berichtet. In späten Gebieten hingegen wartet man auf trockenes Wetter, damit der Weizen abtrocknen und gedroschen werden kann.

Unklar ist bislang noch, ob sich die höheren Ertragserwartungen (79,2 dt/ha; Vj. 78,3) in der Praxis bestätigen. Unklar bleibt auch die Frage der Qualitäten. Punktuell ist zu beobachten, dass es Partien gibt, die eine höhere Belastung durch Mykotoxine aufweisen.

Auch der Proteingehalt und die Fallzahlen bedürfen einer genauen Betrachtung. Insofern könnte sich, wie schon in manchen Vorjahren, ein Markt entwickeln, der bereit ist, gute Qualitäten entsprechend zu honorieren. Dies sollte bei der Einlagerung beachtet werden.

Die Erzeugerpreise bei Brotweizen werden derzeit bei Werten um 18,- €/dt besprochen und liegen damit schon jetzt rund 1,50 €/dt über dem Futterweizen. Im Vorjahr lag dieser Abstand im Jahresschnitt bei lediglich 0,50 €/dt.

Terminmarkt Weizen



War die Saison 2020/21 noch mit recht moderaten Weizenkursen von 180 bis 190 €/t für den vorderen Termin gestartet, so folgte im Verlauf des Getreidewirtschaftsjahres eine unerwartete Entwicklung. Von Monat zu Monat knapper ausfallende Getreide- und Weizenbilanzen, ausgelöst v.a. durch den wachsenden Rohstoffhunger Chinas, ließen die Weizenkurse im Laufe des Wirtschaftsjahres 2020/21 in die Höhe schießen. Chinas Getreideimporte schnellten in dieser Saison gegenüber dem Vorjahr um mehr als 30 Mio. t auf 54,6 Mio. t nach oben. In der Spitze notierte der Frontmonat MAI21 an der MATIF in Paris Ende April bei 258 €/t.

Zwischenzeitlich wurde der Weizenmarkt von den verhalten optimistischen Erwartungen für die neue Ernte 2021/22 geprägt. Der Frontmonat SEP21 durchbrach Anfang Juli gar die 200er Markte nach unten und notierte im bei 198 €/t. Im Moment macht sich allerdings die Befürchtung um eine knappe Sommerweizenernte in den USA aufgrund von Trockenheit im Markt bemerkbar.

Ende Juli lag der SEP21 wieder bei rund 220 €/t. Die weitere Entwicklung wird davon abhängen, wie sich die Ernte in Europa, den USA und den Schwarzmeer-Anrainerstaaten tatsächlich entwickelt. Die Unsicherheiten, ausgelöst durch die Berichte aus den USA, könnten sich angesichts des optimistischen Blickes auf Europa, die Ukraine, Russland und Kasachstan auch wieder auflösen.

Braugerste



Die EU-27-Gerstenernte 2021 wird von der Kommission in der Julischätzung auf insgesamt 52,6 Mio. t taxiert (Vj. 54,6). Vor allem bei Sommergerste ist in einigen Regionen eine deutliche Anbaueinschränkung zu beobachten. So wurde die Sommergerstenfläche in Frankreich von 790.000 ha um 25 % auf knapp 600.000 ha eingeschränkt.

Auch in Deutschland (303.000 ha; Vorjahr 367.000) Polen (650.000 ha; Vorjahr: 730.000) und Großbritannien (1.230.000 ha; Vorjahr: 1.800.000) wurde weniger Sommergerste ausgesät. Dennoch erwartet man in Europa einen Sommergersten-Überhang von 500.000 - 750.000 t.

Die knappe Versorgung zum Ende des abgelaufenen Jahres hat die Erzeugerpreise für Braugerste auf Werte um 20 €/dt getrieben. Inzwischen ist wieder ein Abstand zur Futtergerste von rund 4 €/dt zu verzeichnen. Dies war im Vorjahr nicht gegeben, weshalb die Reaktion der Landwirte weniger Sommergerte anzubauen, durchaus nachvollziehbar ist. Nun hofft man, dass die Braugerste sowohl in Menge und Qualität gute Druschergebnisse zeigt.

Der Drusch hat in frühen Gebieten begonnen und die Zahlen scheinen in vielen Fällen den Erwartungen zu entsprechen. Gute Braugerste könnte trotz gewisser Schwächen am Biermarkt aufgrund der Corona-Pandemie 2021/22 gefragt sein.
LEL Schwäbisch Gmünd
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