Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
20.02.2022 | 01:47 | Biologische Landwirtschaft 

Ökofläche und Biolebensmittelmarkt legen weiter zu

Bonn - Der Ökolandbau und der Markt für Biolebensmittel sind im vergangenen Kalenderjahr in Deutschland weiter gewachsen, allerdings nicht mehr mit dem Schwung wie noch im ersten Corona-Jahr 2020.

Biolebensmittel
Bundesweit belief sich 2021 die ökologisch bewirtschaftete Fläche auf insgesamt 1,78 Millionen Hektar - Die Konsumenten gaben hierzulande 15,87 Milliarden Euro für Biolebensmittel und -getränke aus. (c) proplanta
Wie aus dem vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Dienstag (15.2.) im Rahmen einer Online-Pressekonferenz der Biofach vorgelegten Branchenreport 2022 (Dokumentation) hervorgeht, wurde die ökologisch bewirtschaftete Fläche gegenüber 2020 bundesweit insgesamt um 81.762 ha oder 4,8 % auf 1,78 Mio. ha ausgeweitet.

Damit wurden 10,8 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) ökologisch bewirtschaftet. Der Anteil der verbandsgebundenen Fläche belief sich dabei auf 1,14 Mio. ha; das entsprach einem Anstieg um 5,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Nur leicht legte hingegen die Anzahl der Biobetriebe zu, und zwar um 0,9 % auf 35.716 Höfe. Im Berichtsjahr setzten damit 13,8 % aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland auf Bio.

Im Jahr 2020 hatten die Verkaufserlöse der Ökolandwirte laut Branchenreport um 12 % auf 2,86 Mrd. Euro zugenommen. Dabei lag die Milch unter allen Produktgruppen mit einem Erlös von 605 Mio. Euro klar vorn. Ökogemüse und Biogetreide folgten mit 372 Mio. Euro beziehungsweise 369 Mio. Euro fast gleichauf.

Bezüglich der Ökomarktentwicklung ist dem Branchenreport außerdem zu entnehmen, dass die Bundesbürger 2021 für Biolebensmittel und -getränke insgesamt 15,87 Mrd. Euro ausgaben; das waren 5,8 % mehr als im Jahr zuvor. Das Umsatzwachstum resultierte dabei zu 1 % bis 2 % aus Preissteigerungen und zu 4 % bis 5 % aus größeren Verkaufsmengen.

LEH als „treibende Kraft“

Als „treibende Kraft“ verbuchte dem Branchenreport zufolge der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) eine Zunahme des Umsatzes mit Ökolebensmitteln und -getränken von 9,1 % auf 9,88 Mrd. Euro. Der LEH-Anteil am Biomarkt erhöhte sich damit auf 62,3 %. Vollsortimenter und Discounter trugen in ähnlichem Maße zur Marktentwicklung bei.

Die sonstigen Einkaufsstätten, zu denen Hofläden, der Online-Handel einschließlich Lieferdiensten, Wochenmärkte, Bäckereien, Metzgereien und Reformhäusern gehören, konnten mit 2,41 Mrd. Euro insgesamt 7,4 % mehr umsetzen als 2020; ihr Marktanteil belief sich auf 15,2 %.

Als „anhaltend hoch“ haben sich Online-Verkäufe von Biolebensmitteln erwiesen, womit sich die geänderten Einkaufsgewohnheiten zu etablieren scheinen. Dagegen verzeichnete der Naturkostfachhandel einen Rückgang seiner Umsätze um 3,3 % auf 3,58 Mrd. Euro; sein Marktanteil nahm auf 22,6 % ab.

Weiter fortgesetzt hat sich laut dem Branchenreport das sogenannte „One-Stop-Shopping“, bei dem Kunden möglichst viele Waren in einem gut erreichbaren Geschäft in Wohnortnähe kaufen. Davon hätten die Vollsortimenter des LEH profitiert, die über eine größere Auswahl an Bioprodukten verfügten. Biosupermärkte mit einem umfänglichen Warenangebot hätten von dieser während der Pandemie entstandenen Gewohnheit ebenfalls einen Vorteil gehabt.

Hiesiges Biorotfleisch zu knapp

Besonders gefragt waren laut dem Branchenreport im vergangenen Jahr bei den Kunden biologisch erzeugte Milchalternativen und Biobutter. Das galt auch für Ökofleisch, wenngleich von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend. So belief sich der Biomengenanteil am Gesamtmarkt 2021 bei Pflanzendrinks auf mehr als 60 % und bei Fleischalternativen auf 27 %.

Die Nachfrage nach ökologisch erzeugtem Fleisch habe bei allen Produktgruppen „bei weitem“ das Angebot überschritten, heißt es in dem Bericht. Im vergangenen Jahr wurde fast 20 % mehr ökologisches Rotfleisch und 10 % mehr Biogeflügel von den Kunden nachgefragt als 2020. Pflanzendrinks legten um 31 % zu. Da die Nachfrage höher als das Angebot aus deutscher Herkunft war, musste im Berichtszeitraum Biorotfleisch aus Nachbarländern importiert werden.

Fleischärmere Ernährung

„Bio“ spielt laut dem Branchenreport insbesondere für junge Menschen eine bedeutende Rolle. Gemäß einer Analyse der Agrarmarkt-Informations-GmbH (AMI) unter Verwendung des Haushaltspanels der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) waren junge Paare oder Singles, die etwa 13 % der privaten Haushalte ausmachen, für 40 % des Umsatzes mit Biofleischersatz sowie für 32 % der Erlöse aus Biopflanzendrinks verantwortlich. Nach Einschätzung des BÖLW dürfte sich der Trend zu einer fleischärmeren Ernährungsweise in der Bevölkerung daher auch langfristig fortsetzen.

Liechtenstein mit höchstem Ökoanteil

Auch auf europäischer Ebene ist der Biomarkt gewachsen. Wie hierzu aus Zahlen des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) und der AMI für das Jahr 2020 hervorgeht, wurden im Berichtsjahr in Europa rund 17,1 Mio. ha ökologisch bewirtschaftet, wovon 14,9 Mio. ha auf die EU-27 entfielen. Zum „neuen Spitzenreiter“ wurde Frankreich mit fast 2,5 Mio ha Ökofläche, gefolgt von Spanien mit 2,4 Mio. ha und Italien mit 2,1 Mio. ha.

Die EU-Bioanbaufläche wurde von den Landwirten im Berichtsjahr um gut 0,7 Mio. ha oder 5,3 % ausgeweitet. Sie hatte 2020 in Europa einen Anteil von 3,4 % an der LF und in der EU von 9,2 %. In Europa und auch weltweit wies Liechtenstein mit 41,6 % den mit Abstand größten Bioflächenanteil auf, gefolgt von Österreich mit 26,5 %, was zugleich EU-weit der höchste Wert war.

Der europäische Biolebensmittelmarkt verzeichnete laut dem Branchenreport 2020 einen Umsatzzuwachs um 15,7 % auf den Rekord von 52,1 Mrd. Euro. Im Mittel gaben die Europäer im Berichtsjahr 65 Euro für Bioprodukte aus; in der EU waren es 101 Euro. Mit 418 Euro fielen die Ausgaben der Schweizer für ökologische Produkte am höchsten aus, gefolgt von den Dänen mit 384 Euro und den Luxemburgern mit 254 Euro. Die Österreicher kauften im Schnitt für 254 Euro Bioprodukte, die Bundesbürger für 180 Euro.

Bioanteil in den USA bei 6 Prozent

Weltweit gesehen blieben laut dem Branchenreport die Vereinigten Staaten und Europa die größten Biomärkte. Demnach verbuchte der US-Biomarkt im Jahr 2020 ein Umsatzplus von 12,8 % auf umgerechnet 49,46 Mrd. Euro. Der Ökoanteil am gesamten Lebensmittelmarkt belief sich dort auf 6,0 %. Im Schnitt gaben die US-Amerikaner im vorvergangenen Kalenderjahr umgerechnet 148 Euro für Bioprodukte aus. Insgesamt entfielen dabei dort 15 % der Käufe auf Bioobst und -gemüse.

Kein Alleinstellungsmerkmal mehr

Derweil stellte der Kommunikationsexperte Klaus Braun von der gleichnamigen Kommunikationsberatung zum Umsatzrückgang des Naturkostfachhandels in Deutschland fest, dass dieser sein Alleinstellungsmerkmal als Bioverkäufer verloren habe. Immer mehr Marktteilnehmer sähen Bioprodukte nicht mehr als Trend, sondern als „Teil der Normalität“ und böten diese an. Ökowaren im Discounter würden immer beliebter.

Damit kommen nach Brauns Worten auf den eher traditionell geprägten Naturkostfachhandel neue Herausforderungen hinsichtlich Werbung und Marketing zu. Digitales Marketing sei für viele in der Branche aber nach wie vor ein fremdes Feld. Die Grundlage für Umsätze sei vorhanden, diese ergäben sich aber nicht mehr von selbst.

Der Kommunikationsfachmann rät dazu, die Geschäftsmodelle zu überprüfen und zu klären, welche neuen Alleinstellungsmerkmale der Naturkostfachhandel entwickeln könne. Laut Braun entfallen von den mittleren Pro-Kopf-Ausgaben der Bundesbürger von 180 Euro für Bioprodukte noch 43 Euro auf den Naturkostfachhandel. Insgesamt sei der Anteil des Naturkostfachhandels über die Jahre deutlich geringer geworden, und der Discounter habe diesen überflügelt.
AgE
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Anteil der Ökobetriebe in Schleswig-Holstein bei sieben Prozent

 Anteil von Ökolandbau in Thüringen unter Bundesdurchschnitt

 Schweizer Biolebensmittelmarkt knackt Marke von 4 Milliarden Schweizer Franken

 Zahl der Ökobetriebe in Sachsen wächst

 Gut jeder zehnte Betrieb wirtschaftet ökologisch

  Kommentierte Artikel

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 Frankreichs Staatsrat schränkt Vogeljagd weiter ein

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig

 Wundermittel und Jahrhundertgift PFAS: Derselbe Circus - andere Clowns

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau