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19.01.2014 | 13:34 | Energiepolitik 

Gabriel pocht auf Strompreis-Stabilisierung

Berlin - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will mit deutlichen Einschnitten bei der Ökoenergie-Förderung den Anstieg der Strompreise dauerhaft bremsen.

Energiepolitik Deutschland 2014
(c) proplanta
Die Vergütung für Windräder, Solar- und Biogasanlagen soll von durchschnittlich 17 Cent je Kilowattstunde bis 2015 für neue Anlagen auf 12 Cent im Schnitt sinken. Das sieht ein Eckpunktepapier des Vizekanzlers für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor. Grüne und Linke warfen Gabriel vor, die Energiewende zu bremsen.

Das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Wochenende vorliegende 12-seitige Papier soll an diesem Mittwoch bei der Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen werden. Die Bürger zahlen die Förderkosten per Ökostrom-Umlage über ihre Stromrechnung. Bei deutlich niedrigeren Kosten als bisher wird von Union und SPD eine Erhöhung des Ökostrom-Anteils von derzeit knapp 25 auf bis zu 45 Prozent bis 2025 und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent angestrebt.

Allerdings sind viele Punkte noch offen, etwa das Ausmaß der Kürzungen bei Windrädern an Land. Es soll weniger Förderung nach dem Gießkannenprinzip geben, sondern mehr Mengensteuerung, mehr Wettbewerb statt auf 20 Jahre garantierter Festvergütungen und eine Anpassung des Ausbaus an das Tempo beim Stromnetzausbau.

Gabriel strebt einen größtmöglichen Konsens an, er hätte mit Blick auf die rot-grün regierten Länder auch gerne die Grünen mit im Boot. Deren Parteivorsitzende Simone Peter kritisierte allerdings, so werde der Kohlestromanteil nicht gesenkt. «Die erneuerbaren Energien sollen mit scharfer Klinge rasiert werden, die Kohle kommt ungeschoren davon», sagte sie «Spiegel Online». Der Klimaschutz bleibe auf der Strecke. Eine Kostenentlastung sei nicht in Sicht, weil konkrete Ansagen zum Abbau der Industrierabatte fehlten.

Am 9. April soll das EEG im Kabinett beschlossen werden. Am 26. oder 27. Juni soll es der Bundestag beschließen, am 11. Juli der Bundesrat, damit die Novelle zum 1. August in Kraft treten kann. «Der Zeitplan ist knackig. Aber wir dürfen keine Zeit verlieren», sagte der Energiekoordinator der Unionsfraktion, Thomas Bareiß (CDU). Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) betonte: «Dadurch kommt die dringend notwendige Reform endlich voran.»

Gabriel betonte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung «Berlin direkt», die Herausforderungen der Energiewende ließen sich «nicht zum Nulltarif» bewältigen. «Dass es fallende Strompreise gibt - das wird es nicht geben, sondern wir werden die Dynamik des Anstiegs endlich beenden.»

Gabriel rechtfertigte die geplante Kürzung der Ökoenergie-Vergütung: «Es macht zum Beispiel keinen Sinn, Biomasse immer weiter auszubauen, wenn das die teuerste Form der Förderung ist und auch nach 20 Jahren die Kosten nicht abgenommen haben.»

Bisherige Förderzusagen will Gabriel strikt einhalten - das heißt, schon angeschlossene Ökoenergie-Anlagen bekommen weiter für 20 Jahre garantierte Vergütungen. Die Gesamtkosten haben sich seit 2002 auf rund 120 Milliarden Euro summiert.

Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und dem bei Anschluss der Anlage gültigen Vergütungssatz wird per Umlage auf die Strompreise gewälzt: 2014 sind es 6,24 Cent je Kilowattstunde (kWh), ein Durchschnittshaushalt zahlt bei 3.500 kWh Verbrauch fast 220 Euro. Aber: Der Ökostrom senkt zugleich die Strompreise im Einkauf, mehrere Versorger haben deshalb sogar Preise gesenkt.

Der Ausbau soll sich vor allem auf Solarenergie und Windkraft an Land konzentrieren, sie seien am günstigsten. «Bei der relativ teuren Biomasse erfolgt eine Konzentration auf Abfall- und Reststoffe und damit eine deutliche Mengenbegrenzung», heißt es in Gabriels Papier, das sich an früheren Vorschlägen seines Staatssekretärs Rainer Baake orientiert, einem Grünen-Mitglied.

Am stärksten werden künftig Kosten für neue Windparks in Nord- und Ostsee zu Buche schlagen - hier gibt es bis 2019 eine hohe Anfangsvergütung von bis zu 19 Cent je Kilowattstunde. Aber das Ausbauziel wird gesenkt: Bis 2020 sollen 6.500 Megawatt (MW) und bis 2030 nur noch 15.000 statt 30.000 MW installiert werden.

Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel sagte der dpa: «Die Mehrkosten für den Offshore-Ausbau sollten nicht von den Stromkunden finanziert werden.» Eine Option sei ein steuerfinanzierter Fonds, um die EEG-Umlage zu dämpfen.

Bei Windkraft an Land wird ein jährlicher Zubau von 2.500 Megawatt angestrebt. Automatische Förderkürzungen bei einem Überschreiten dieses Werts sollen Kosten wie durch die Solarenergie verhindern.

Hierfür gibt es das Instrument eines «atmenden Deckels» bereits: Aber der Solarboom 2011 und 2012 wird die Stromrechnungen noch lange belasten. An windstarken Standorten im Norden soll es bis zu 20 Prozent weniger Vergütung geben. Es wird zugleich betont, dass auch im Binnenland der Windkraftausbau möglich bleiben soll.

Das Ausmaß der Kürzung umstrittener Industrie-Rabatte bei der Ökoenergie-Förderung ist noch unklar. 2014 kann das Volumen auf über fünf Milliarden Euro klettern. «Es wird eine zeitnahe Einigung angestrebt, damit die Unternehmen im dritten Quartal 2014 ihre Anträge für das Jahr 2015 stellen können», heißt es im Papier. Die EU-Kommission fordert eine deutliche Begrenzung.
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