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07.01.2011 | 10:18 | Dioxin-Skandal 

Dioxinverseuchte Fette schon länger in Tierfutter

Kiel - Mit Dioxin belastete Industriefette einer Firma aus aus Uetersen sind schon deutlich länger zu Tierfutter verarbeitet und verbreitet worden als bisher bekannt.

Futtermittel

Bereits im März 2010 seien erhöhte Dioxinwerte von einem privaten Institut gemessen worden, teilte am Freitag das Landwirtschaftsministerium in Kiel mit. Der Fall hätte sofort gemeldet werden müssen, so der Sprecher. Gegen das Unternehmen ermittelt die Staatsanwaltschaft Itzehoe, am Mittwoch hatte es Razzien gegeben.

Das Ministerium bestätigte damit einen Bericht der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Die Dioxinwerte bei den Futterfetten des Unternehmens aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen seien im März bis zu doppelt so hoch gewesen wie zulässig. Auch wenn im Endprodukt der Höchstwert durch die Verdünnung bei der Futterherstellung bei den Proben im März wohl unterschritten wurde, hätten die Fette nicht verwendet werden dürfen. Die Firma wollte sich unter Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht äußern.

Viele Verbraucher lassen Eier angesichts des Dioxin-Skandals in den Regalen liegen. Ein Absatzrückgang sei «deutlich spürbar», sagte Margit Beck von der Bonner Marktberichterstattungsstelle MEG am Freitag auf dpa-Anfrage. Die Preisnotierungen an den Lebensmittelbörsen seien «über den Jahreswechsel etwa doppelt so stark zurückgegangen wie im Vorjahr». Ein schwacher Rückgang beim Eier-Absatz ist laut MEG zu Jahresbeginn üblich, weil sich viele Verbraucher gewöhnlich vor den Feiertagen mit Eiern eindecken.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sagte der Nachrichtenagentur dpa zu der möglichen Vertuschung: «Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass das verantwortliche Unternehmen bereits seit Monaten von der Dioxin-Belastung wusste und trotzdem nicht die zuständigen Landesbehörden informiert hat, ist das hochgradig kriminell und völlig unverantwortlich.» Sie strebt eine Sondersitzung der Agrar- und Verbraucherminister an. Die Lebensmittelkontrolle ist Ländersache.

Bis zu 150.000 Tonnen Futter mit dem krebserregenden Gift Dioxin können Unmengen von Eiern, Geflügel- und Schweinefleisch verunreinigt haben. Woher das Dioxin kommt, ist weiter unklar. Das von der Firma gelieferte Fett war von 25 Futterherstellern in vier Bundesländern eingemischt worden.

Das als Futterfett deklarierte Produkt beinhaltete verbotenerweise Abfallprodukte der Biodieselproduktion. Harles und Jentzsch stellt nicht nur Futterfette her, sondern auch technische Fette etwa zur Papierverarbeitung. Gefordert wird nun, die Produktion von Futterfetten und technischen Fetten strikt voneinander zu trennen.

Aigner verlangte notfalls weitere Rückholaktionen der Länderbehörden. «Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht beim gelegentlichen Verzehr belasteter Produkte keine akute Gesundheitsgefahr. Aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes muss allerdings die Belastung mit Dioxinen so weit wie möglich minimiert werden», sagte sie. «Wichtig ist deshalb, dass betroffene Produkte schnell vom Markt genommen werden.»

Die Verbraucherministerin rief die Länder auf, den Bundesbürgern mehr Informationen über dioxinbelastete Produkte bereitzustellen. «Die Länder haben die Möglichkeit, die Nummern belasteter Produkt- Chargen zu veröffentlichen.» Die Informationen an Verbraucher seien mit einer Änderung des Bundesrechts 2009 verbessert worden. «Es kann für Verbraucher hilfreich sein, nachschauen zu können, ob sie beispielsweise belastete Eier im Kühlschrank haben.»

Bisher mussten bundesweit bereits über 4.700 Betriebe wegen des Dioxinverdachts gesperrt werden. Die meisten dieser Höfe liegen in Niedersachsen. Dort sind 4.468 Betriebe betroffen. Zunächst war nur von 1.000 gesperrten Höfen die Rede gewesen.

 Bauernpräsident Gerd Sonnleitner beziffert den Schaden für die betroffenen Bauern auf 40 bis 60 Millionen Euro pro Woche. Die Zeche sollen die Futtermittellieferanten zahlen. «Sie müssen die Schadensersatzansprüche der Landwirte abgelten. Da werden wir bis zum Letzten gehen», sagte Sonnleitner der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Betriebe, die gesperrt waren, bei denen aber letztlich kein Dioxin nachgewiesen worden ist, schauen in die Röhre.» Die Bauern pochen auf einen Millionen-Entschädigungsfonds. (dpa)

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