Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.03.2014 | 18:31 | Vegane Lebensweise 
Diskutiere mit... 
   2   2

Ein Plädoyer für Tierrechte

Hannover / Lüneburg - Wenn sie von ihren Schafen spricht, bekommt Hilal Sezgin leuchtende Augen.

Veganes Essen
(c) proplanta
Vor sieben Jahren erfüllte sich die Frankfurterin ihren Jugendtraum vom Landleben und zog in ein Dorf in der Lüneburger Heide. Dort übernahm sie völlig ungeplant die Herde eines Nachbarn.

«Ich hatte gar nicht vor, Tiere zu halten und das Tierthema zu vertiefen», erzählt die Autorin des Buches «Artgerecht ist nur die Freiheit». Seit Wochen hält es sich auf der Bestseller-Liste. Auf 237 Seiten entwirft die studierte Philosophin eine Ethik für Tiere. Es ist ein umfassend recherchiertes und klug argumentierendes Plädoyer für ein Ende des Gemetzels, wie Sezgin es nennt.

«Zuerst einmal müssen wir anerkennen, dass wir als Gesellschaft längst nicht so gewaltfrei sind, wie wir denken», sagt die 43-Jährige. «Wir üben massenhaft Gewalt gegen Tiere aus. Wir schlachten 800 Millionen Tiere jedes Jahr in Deutschland, wir sperren sie ein, wir transportieren sie hin und her, wir amputieren ihnen Körperteile, das alles ist Gewalt.» Mit ihren eigenen 38 Schafen, zwei Ziegen, zwei Gänsen und einigen Katzen lebt Sezgin in einer Art Wohngemeinschaft.

Als die Hessin mit türkischen Wurzeln in Niedersachsen ankam, beschäftigte sie sich intensiv mit der Tierhaltung. Ausgerechnet der Besuch eines Bio-Hofes brachte sie dazu, Veganerin zu werden - also sich komplett pflanzlich zu ernähren und auch auf Lederschuhe oder Wollpullover zu verzichten.

«Fleisch ist immer tot, egal von wem», sagt die Autorin. «Ich finde die Idee irrig, dass man sagt, wenigstens war das Tier vorher glücklich. Wie bitte? Ich bin auch glücklich, ich möchte nicht, dass ich deshalb morgen getötet und verspeist werde.»

In ihrem Buch findet Sezgin mit Hilfe der Philosophie zudem Argumente gegen Tierversuche. «Ein Hauptgebot ist, dass wir anderen nicht willentlich Schaden zufügen. Wir können nicht jedem helfen, aber schaden dürfen wir nicht und foltern schon gar nicht.» Bei Tierversuchen werde dieses moralische Gebot auf einmal vergessen.

Hilal Sezgin scheint kein missionarischer Eifer anzutreiben. Sie wirbt mit Argumenten für ein Umdenken, will aber nichts vorschreiben. Dass die Mehrheit trotz schwer erträglicher Bilder aus Massentierhaltungen weiter Fleisch isst, kann sie gut nachvollziehen.

«Wir sind so aufgewachsen. Auf jedem Buffet ist totes Fleisch.» Es sei schwierig, mit Gewohnheiten zu brechen. Am Anfang ihrer Recherchen hatte sie den gleichen Impuls wie TV-Zuschauer, die bei Berichten über Tierquälerei in Puten-Mastanlagen umschalten, weil sie die Bilder nicht ertragen können.

Statt zu verdrängen, plädiert Sezgin für kleine Schritte, etwa für einen gezielteren Einkauf oder eine Party ohne Fleisch-Gelage. «Ich bilde mir nicht ein, dass morgen alle Menschen vegan leben, aber wir könnten versuchen, uns bewusst zu machen, wo wir Tiere benutzen.»

Noch vor zehn Jahren galten Tierrechtler oft als liebenswerte Spinner. Heute beschreibt die Zukunftsforscherin Anja Kireg die vegane Lebensweise als soziokulturellen Trend. «Sie spricht verschiedene Zielgruppen an: Frauen oft aus emotionalen Gründen, Männer unter sportlichen Aspekten und Ältere aus gesundheitlichen Gründen», sagt die Politikwissenschaftlerin vom Zukunftsinstitut in München. Auch Erfahrungsberichte wie Karen Duves «Anständig essen» oder Jonathan Safran Foers «Tiere essen» haben Leser darin bestärkt, auf tierische Produkte zu verzichten.

Christian Vagedes, Gründer der Veganen Gesellschaft in Deutschland, geht davon aus, dass es bundesweit mittlerweile mehr als eine Million Veganer gibt. «Wir können die vielen Anfragen aus der Industrie und aus Bildungseinrichtungen gar nicht bewältigen.» Im Fernsehen laufen Werbe-Spots für gelatinefreie Fruchtgummis.

Bemerkenswert findet Vagedes: «Selbst Autohersteller machen sich Gedanken über vegane Sonderausstattung, also den Verzicht auf Lederlenkräder.» (dpa)
Kommentieren Kommentare lesen ( 2 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
Antonietta schrieb am 25.03.2014 07:16 Uhrzustimmen(61) widersprechen(77)
Tiere sind Lebewesen genau wie Menschen. Sie empfinden Schmerz und Gefühle wie z.B. Angst. Trotzdem werden Schweine, Rinder, Hühner usw. von Menschen wie Produkte oder Waren behandelt. Wir sperren sie ein, halten sie teilweise unter den schlimmsten Bedingungen, mästen und töten sie, um sie dann zu essen.
EPetras schrieb am 24.03.2014 19:34 Uhrzustimmen(60) widersprechen(46)
Tierhaltung muss artgerechter werden! Die Alternative ist ja da - Veganismus ist nicht schwer - und es werden immer mehr! Die meisten Menschen treibt das Mitleid mit den Tieren an - denn es ist ja eine Tatsache, dass die Tiere in Massenmast unter Fußballenschäden. Lungenschäden, Pickverletzungen, Brustbeinverletzungen u. a. m. leiden! Solange die Landwirtschaft hier nicht entschieden umsteuert, wird sich an diesem Trend nichts ändern - und das ist gut so, denn ohne Druck geschieht ja meist wenig.
  Weitere Artikel zum Thema

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Fleischverzehr auf neuem Tiefstand

 Bayern schätzen regionale Lebensmittel

 Fleischverzehr in Deutschland gesunken - Özdemir zufrieden

 Mehrheit würde höhere Fleischpreise für Tierwohl in Kauf nehmen

  Kommentierte Artikel

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet