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11.09.2023 | 14:06 | Forschungsarbeit 

Landwirtschaft und Klimawandel: Züchten, forschen - anders essen?

Freising - Hagel kurz vor der Ernte? Frost in sensibler Blütephase? Die Landwirtschaft ist schon seit jeher ungefiltert dem Wetter ausgesetzt. Bäuerinnen und Bauern und wissen, dass dies den Ertrag eines kompletten Jahres ruinieren kann.

Forschungsarbeit
Hirse und Quinoa statt Weizen? Die Landwirtschaft in Bayern muss angesichts des Klimawandels ihre Strukturen und Arbeitsweisen auf den Prüfstand stellen. Aber auch die Verbraucher sind gefragt. (c) proplanta
Doch nun steht die Branche vor tiefgreifenden Veränderungen. Lange Perioden von Hitze und Trockenheit, aber auch Starkregen und heftige Unwetter sind in Zeiten der Klimakrise die neuen Herausforderungen. Dazu kommen neue Schädlinge und Unkräuter. Welche Strategien hat die Landwirtschaft im Freistaat, um darauf zu reagieren? Der Klimawandel sei der wichtigste Arbeits- und Forschungsschwerpunkt seiner drei Landesanstalten, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium: «Über 40 Prozent der Forschungsmittel fließen in diesen Bereich.»

Antworten sucht beispielsweise die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) mit Hauptsitz Freising. Dort heißt es: «Die aktuellen Klimamodellierungen lassen ganzjährig höhere Temperaturen, im Sommer geringere und im Winter zunehmende Niederschläge, eine deutliche Erhöhung der CO2-Konzentration in der Luft sowie eine Zunahme von Extremereignissen erwarten.» Da die Landwirtschaft weitgehend ungeschützt vor Klimaeinflüssen sei, müsse sie sich wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig mit dem Thema auseinandersetzen.

Beispiel Pflanzenbau: Hier lautet das erste Stichwort Anpassung. «Wir brauchen weiterhin die klassischen Kulturen», sagt Peter Doleschel, Leiter des LfL-Instituts für Pflanzenbau und -züchtung. Weizen zum Brotbacken, auch Roggen und Gerste seien weiterhin wichtige Pflanzen auf Bayerns Feldern. Hier sei es wichtig, Sorten zu züchten, die an die neuen klimatischen Herausforderungen gut angepasst sind. «Auf die Evolution können wir hier nicht warten.»

Die LfL forscht intensiv, beispielsweise können Pflanzen hier künstlich unter Trockenstress gesetzt werden - um zu sehen, welche Züchtungsvariante besonders gut damit klar kommt. Eine weitere Idee ist es, möglichst viele Sorten winterhart zu machen, damit sie schon im Herbst ausgesät werden können. Und schließlich ist auch die Landtechnik eine wichtige Stellschraube: Welche Art der Bearbeitung schont die Ackerfläche? Wie wird dem Boden möglichst wenig Wasser entzogen?

Ein drastischerer Schritt freilich ist es, neue Kulturen zu suchen. Doleschel sagt, hierbei müssten mehrere Faktoren beachtet werden. Wie offen ist ein Betrieb für Neues? Welche Lagerungsmöglichkeiten gibt es, welche Technik? Dann sei eine Fokussierung auf Raps, Soja oder Ackerbohnen denkbar. Auch exotischere Pflanzen wie Kichererbsen könnten eine Rolle spielen. Die Nachfrage nach pflanzlichen Eiweißquellen steige. Buchweizen könnte ein Thema sein, im Mittelalter wurde er sehr häufig angebaut. Sein Vorteil: eine kurze Vegetationszeit.

Allerdings - die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mitspielen, es muss einen Markt geben für die neuen Produkte. Das Landwirtschaftsministerium teilt hierzu mit: «Die Ernährung in Bayern ist wie in jeder anderen Region auch geprägt durch die Lebensmittel, die regional mit einem hohen Selbstversorgungsgrad erzeugt werden.

Das sind Schweinefleisch und Rindfleisch, Milch, Getreide und Kartoffeln.» Eine Ernährungskultur sei deshalb immer auch das Ergebnis der agrarökologischen Rahmenbedingungen. «Hülsenfrüchte sind zum Beispiel immer noch auf gleichbleibend niedrigem Konsumniveau, auch wenn der Umsatz mit hoch verarbeiteten Produkten aus Erbsen- oder Bohneneiweiß in den vergangenen Jahren zugenommen hat.» Das Kompetenzzentrum für Ernährung (Kern) biete deshalb viele Bildungsinhalte an, um auf die Vorteile von Hülsenfrüchten hinzuweisen.

Es sei ratsam für die Landwirte, auf mehrere Kulturen zu setzen und das Risiko eines Ausfalls einzelner Kulturen zu reduzieren, sagt ein Sprecher des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). Exotische oder bisher nur wenig angebaute Früchte wie etwa Hirse oder auch Süßkartoffeln und Quinoa werden demnach zunehmen - brauchen aber auch einen Vermarktungsweg: «Es ist also wichtig, dass sich nicht nur unsere Landwirte breiter aufstellen, sondern auch unsere Vermarktungspartner und unsere Kunden, die Verbraucher, müssen sich für neue heimische Spezialitäten öffnen.»

Und wie geht es den Tieren in Zeiten der Erderwärmung? Schon jetzt gebe es viel mehr Außenklima- oder Auslaufhaltungen, sagt der BBV-Sprecher. Große Ventilatoren beispielsweise in der Milchviehhaltung sollen verhindern, dass sich die Hitze staut. Auch Wasservernebler zur Kühlung würden installiert. Begrünte Stalldächer können für einen Temperaturausgleich sorgen.
dpa/lby
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