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01.05.2022 | 14:26 | Agrarmarkt 

Ukraine-Krieg: Milchbranche bangt wegen möglichem Gaslieferstopp

Berlin - Ein Gaslieferstopp Russlands auch für Deutschland hätte gravierende Folgen für die Molkereiindustrie und entsprechend die Rohmilcherzeuger.

Gaslieferstopp Russlands
Bei Gasstopp bricht vieles zusammen in der Milchbranche. (c) proplanta
„Dann bricht vieles zusammen“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Eckhard Heuser, am vergangenen Mittwoch (29.4.) gegenüber AGRA-EUROPE. Er wies darauf hin, dass die Produktion der Milcherzeugnisse sehr energieintensiv sei. Schätzungsweise würden etwa 80 % des Energiebedarfs der Molkereibranche damit gedeckt. Die wenigsten Molkereiunternehmen könnten jetzt umstellen, sagte Heuser.

Laut Verbandsangaben vom März wäre ein Brennstoffwechsel bei etwa 85 % der Molkereien aktuell nicht durchführbar. Laut einem Faktenpapier des MIV haben insbesondere die hohen Umweltauflagen sowie die gestiegenen Brennstoffkosten dazu geführt, dass kaum noch Wärmeerzeugungsanlagen auf Heizölbasis in den Molkereien vorhanden sind. Zudem wäre eine Rückumstellung auf Heizöl aus Umweltgesichtspunkten nur bedingt durchführbar, da die hohen Anforderungen der 44. Bundesimmissionsschutzverordnung einen Heizölbetrieb überwiegend nicht mehr möglich machen würde. Um die Emissionsgrenzwerte einzuhalten, wären umfangreiche technische Anpassungen bei der Abgasreinigung und der Betriebstechnik notwendig.

Mit Blick auf die Milcherzeuger heißt es in dem Schreiben, dass die Lagerkapazitäten für die angelieferte Rohmilch durchschnittlich nur ein bis zwei Tage betrügen. Die Milch, die von Molkereien nicht mehr beim Erzeuger abgeholt und verarbeitet werden könnte, müsste aufgrund der geringen Haltbarkeit vernichtet werden. Die Entsorgung großer Mengen überschüssiger Milch würde jedoch massive Probleme bereiten, weil Milch weder unbegrenzt in Biogasanlagen eingebracht werden noch unschädlich in Kläranlagen oder auf Äckern entsorgt werden könne.

Aus Emissionsgründen umgestellt Heuser erläuterte, dass Gas für die Erzeugung von Dampf und für die Kühlung gebraucht werde. Die vom Bauern abgeholte und gekühlte Milch werde in der Molkerei wieder erhitzt. Die Milchprodukte wiederum würden nach der Herstellung heruntergekühlt und vom Kühllager ins Tiefkühlregal der Supermärkte gebracht.

Die Molkereien haben laut dem Hauptgeschäftsführer in den vergangenen 20 Jahren auch aus emissionstechnischen Gründen von Öl auf Gas umgestellt. Da bei Gasmangel ein Rohmilchstau drohe, geht Heuser fest davon aus, dass die Milchindustrie als systemrelevant eingestuft würde. Dies sei schon aus Tierschutzgründen zu erwarten, ebenso für die Fleischindustrie, da ansonsten ein Schweinestau zu befürchten sei, sowie für die Brotfabriken. Nicht dazu gehören dürfte nach Einschätzung des MIV-Hauptgeschäftsführers indes die Süßwarenbranche.

Kein verlässlicher Lieferant mehr?

Russland stellte Mitte voriger Woche seine Gaslieferungen nach Polen sowie Bulgarien ein. Beide Länder waren nicht bereit, die Lieferungen in Rubel bezahlen, wie es ein Moskauer Dekret vorsieht. Der polnische Gasversorger PGNiG warf Moskau Vertragsbruch vor. Auch politische Beobachter erklärten, dass Russland damit seinen Ruf als verlässlicher Lieferant von Energieträgern schwer beschädigt habe.

Während die Regierung in Warschau wissen ließ, man sei auf den Gasstopp vorbereitet, teilte das zuständige Ministerium in Sofia mit, es habe Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen.

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium verlautete derweil, die Gasversorgung in Deutschland sei gewährleistet. „Die Zahlungen erfolgen weiter in Euro und Dollar“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck. Offen sei, wie Russland sein Dekret über Gaszahlungen im Einzelnen interpretiere und anwende.
AgE
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