Dies gilt insbesondere für Deutschland, wo die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für
Vieh und Fleisch (VEZG) am Mittwoch (2.3.) ihre Notierung für Schlachtschweine gleich um 18 Cent auf 1,50 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) anhob. Das ist der stärkste Anstieg seit der Euroeinführung.
Nach Angaben der VEZG war das rückläufige Angebot schlachtreifer Tiere nicht mehr ausreichend für die flotte Nachfrage der Schlachtunternehmen. Einige
Schlachter sollen sich laut Marktbeteiligten bereits im Ausland, darunter Belgien, verstärkt um
Schlachtvieh bemüht haben. Teilweise hielten die Erzeuger, mit Aussicht auf steigende Preise, ihre Tiere auch zurück. Der deutliche Bestandsrückgang und weniger eingestallte Ferkel machen sich hierzulande jedoch immer stärker bemerkbar.
Die VEZG-Notierung ist in den vergangenen drei Wochen um insgesamt 30 Cent/kg SG gestiegen. Aber selbst der aktuelle Preis von 1,50 Euro/kg reicht noch nicht aus, um die kräftig gestiegenen
Produktionskosten zu decken, ganz zu schweigen von den aufgelaufenen Verlusten. Neben der teureren Energie dürfte der Ukraine-Krieg die
Futtermittelkosten der
Schweinehalter weiter in die Höhe treiben; die Futurekurse für Weizen und Mais an der Pariser Matif sind zuletzt in die Höhe geschossen.
Die Erzeugerseite hat deshalb laut einem Analysten „die Brechstange“ rausgeholt und für einen Rekordanstieg der Notierung gesorgt, wobei die höheren Preise von den Schlachtbetrieben wegen der Schweineknappheit auch bezahlt werden müssen.
Bremsblock gelöst
Laut dem Marktexperten der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Klaus Kessing, sind für die Wende am Schweinemarkt und die jüngste Aufwärtsentwicklung der Notierung mehrere Faktoren verantwortlich. So bestehe die begründete Hoffnung, dass die Nachfrage für
Schweinefleisch nach Lockerung beziehungsweise Aufhebung der Corona-Beschränkungen wieder anziehe.
„Der Hauptbremsblock für den Verkauf von Schweinefleisch wird also nun gelöst - rechtzeitig vor dem Ostergeschäft und der Grillsaison“, erläuterte Kessing. Durch den entsprechenden Vorlauf und rechtzeitige Rohstoffsicherung nehme die Nachfrage nach Schlachtschweinen spürbar zu.
Das Lebendangebot sei jedoch wegen des Bestandsabbaus und weniger Auslandsschweinen deutlich geringer als vor einem Jahr. In der letzten Februarwoche seien nur etwas mehr als 800.000 Schweine geschlachtet worden, fast 10 % weniger als in der Vorjahreswoche und das bei um 2,5 kg pro Tier niedrigeren Schlachtgewichten. Trotz des Notierungssprungs ist laut Kessing die Schweinehaltung für
Ferkelerzeuger und
Schweinemäster nach wie vor bei weitem nicht kostendeckend und auskömmlich.
„Mit den gestiegenen Kosten braucht es dafür einen
Schweinepreis von mindestens 2 Euro“, so der ISN-Experte. Und selbst dann müssten erst einmal die entstandenen finanziellen Löcher gestopft werden.
Kampf um Schweine
Kritisch sieht hingegen das auch in Deutschland tätige
Schlachtunternehmen Danish Crown (DC) den jüngsten Preissprung in Deutschland. Es gebe hierzulande ein zu starkes Ungleichgewicht zwischen Schlachtkapazitäten und dem Angebot an schlachtreifen Schweinen. Deshalb hätten die deutschen Landwirte den Schlachthöfen inzwischen „die Daumenschrauben angelegt“ und die Notierung in drei Wochen um 30 Cent/kg SG erhöht, so der DC-Vorstandschef Jais Valeur.
Der deutsche
Schweinebestand sei in einem Jahr um rund 10 % gesunken und es gebe weniger Importe von Schlachtschweinen, während die Schlachtkapazitäten nur um wenige Prozent abgebaut worden seien. „Das führt nun zu einem Kampf um die Schweine“, stellte Valeur fest. Am
Fleischmarkt sei dieser Preisanstieg aber kaum umzusetzen, weil es in Europa immer noch ein großes Angebot an Schweinefleisch gebe.
Um einen großen Preissprung zu machen, der für die Erzeuger sicher nötig sei, müsse das Fleischangebot deutlich geringer als die Nachfrage auf dem Markt sein. Dies sei im Moment aber leider nicht der Fall, so der DC-Vorsitzende. Allerdings sei mit den Corona-Lockerungen und den wärmeren Temperaturen ein Anstieg der Nachfrage und auch der Preise zu erwarten. DC selbst hob seinen Ankaufspreis für Schlachtschweine in Dänemark nur moderat um umgerechnet 2,7 Cent auf ein Basisniveau von 1,12 Euro/kg SG an.
Notierungsanstieg auf breiter Front
Weitaus stärker als in Dänemark legten anderenorts die aktuellen
Schlachtschweinenotierungen zu. Während es beim
VEZG-Preis keine Beschränkung der wöchentlichen Veränderung nach oben oder unten gibt, existieren solche Restriktionen beispielsweise in Frankreich oder Spanien.
Der Marché du Porc Breton verzeichnete am Donnerstag den maximal möglichen Anstieg von 5 Cent; zusammen mit der Montagsnotierung kam es im Vorwochenvergleich zu einem Plus von 5,9 Cent auf 1,345 Euro/kg. In Belgien wurde von einem rückläufigen Lebendangebot und guten Hälftenverkäufen nach Osteuropa gesprochen; die Ankaufspreise für Schweine wurden um das Rekordplus von etwa 17 Cent/kg Lebendgewicht (LG) angehoben.
In Spanien werden wegen des Ukrainekrieges negative Auswirkungen auf die Futterversorgung befürchtet, da dort zuletzt 50 % des importierten Maises und auch viel
Futtergetreide aus der Kriegsregion stammten. In Erwartung eines rückläufigen Lebendangebotes waren schlachtreife Tiere weiter sehr gut gefragt; die Notierung am Mercolleida stieg um den maximal erlaubten Betrag von 6 Cent auf 1,232 Euro/kg LG.
Zu einem historischen Notierungsanstieg von 15 Cent auf 1,62 Euro/kg SG kam es in Österreich. Dem Verband landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) zufolge hat sich der Markt binnen zwei Wochen komplett gedreht; schlachtreife Tiere würden jetzt händeringend gesucht. In Italien kam wegen Uneinigkeit der Verhandlungspartner diese Woche keine Notierung zustande.
Aufwärtstrend in der EU
Deutlich nach oben hatten die
Schlachtschweinepreise in der gesamten EU bereits in der Woche zum 27. Februar tendiert. Nach Angaben der
EU-Kommission wurden Tiere der Handelsklasse E von den Schlachtbetrieben in den 27 Mitgliedstaaten im Mittel mit 135,21 Euro/100 kg SG bezahlt; das waren 3,73 Euro oder 2,8 % mehr als in der Vorwoche. Auch das vergleichbare Vorjahresniveau wurde übertroffen, und zwar um 3,2 %.
Über besonders deutliche Zuschläge beim Schlachtschweineverkauf zwischen 4,2 % und 4,7 % konnten sich die
Mäster in Deutschland, Litauen, Spanien, Polen und Portugal freuen. In Dänemark, Österreich und den Niederlanden ließ sich für die Tiere zwischen 1,3 % und 2,5 % mehr erlösen. Keine offizielle Preismeldung lag für Frankreich und Belgien vor, doch auch dort haben die Erzeuger aufgrund der gestiegenen Leitnotierungen mehr Geld erhalten.
Lediglich in drei EU-Ländern waren die Schlachtschweinepreise rückläufig: In Schweden sank das Auszahlungsniveau um 0,7 % und in Tschechien um 1,5 %. Für Italien wurde ein völlig unrealistischer Preisrückgang im Vorwochenvergleich von 19,1 % ausgewiesen. Zwar war dort die Schlachtschweinenotierung gesunken, aber bei weitem nicht so stark, dass sich ein Preisrückgang von fast einem Fünftel hätte ergeben können.