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03.06.2021 | 12:56 | Getreidemarkt 

Agrarmarkt aktuell: Getreidepreise im Aufwärtstrend

Schwäbisch Gmünd - Nach mehreren aufeinanderfolgenden Jahren mit überwiegend positiven Bilanzen (Ausnahme 2018/19) waren die Welt-Getreideendbestände zum 30.06.2020 auf ein solides Niveau von 632,1 Mio.t angewachsen.

Getreidehandel
(c) proplanta
Aufgrund mehrfacher Abwärtskorrektur, insbesondere in der Juli- und Novemberschätzung 2020 durch das USDA, drehte die Welt-Getreidebilanz 2020/21 erstmals nach 2018/19 von einer Überschussprognose ins Negative und zeigt sich aktuell deutlich defizitär. Das laufende Getreidewirtschaftsjahr 2020/21 soll eine Ernte von 2.214 Mio. t bringen.

Der Verbrauch wird mit 2.228 Mio. t deutlich darüber gesehen. Die Endbestände sollen sich mit einem Minus von 25 Mio. t auf 609 Mio. t einpendeln. Der stock-to-use-ratio, das Verhältnis zwischen Endbestand und Weltgetreideverbrauch, läge damit bei 27,3 %.

Für das kommende Getreidewirtschaftsjahr hat das USDA Anfang Mai eine erste optimistische Einschätzung abgegeben. 2021/22 soll einer Ernte von 2.285 Mio. t ein Verbrauch von 2.265 Mio. t gegenüberstehen. Das würde die Endbestände wieder auf 616 Mio. t anwachsen lassen.

Im Maibericht 2021 taxiert die EU-Kommission die Getreideernte 2020/21 der EU-27 noch auf knapp 278 Mio. t, den Verbrauch auf 261 Mio. t. Aufgrund der Trockenheit in weiten Bereichen der Mitgliedsstaaten war die Ernte 2020 schwach ausgefallen. Der Selbstversorgungsgrad mit 106,5 % liegt in Bezug auf den Durchschnitt der letzten 10 Jahre (107,6 %) auf einem knapp unterdurchschnittlichen Wert.

Bei leicht nach oben korrigierten Exporten (41,7 Mio. t) und deutlich abwärts korrigierten Importen (21,9 Mio. t) zeigen sich die Endbestände zum 30.06.2021 mit 40,3 Mio. t deutlich rückläufig. Sie lägen damit erheblich unter Vorjahresniveau (43,0 Mio. t). Mit ihrer dritten Einschätzung der Ernte 2021/22 blickt die EU-Kommission weiter hoffnungsvoll in die Zukunft.

Die Ernte soll auf 290,5 Mio. t anwachsen, während der Verbrauch nur marginal auf 262,7 Mio. t steigen soll. Kommt es so, könnten sich die Bestände zum 30.06.2022 trotz umfangreicher Exporte (44,5) auf rund 44,6 Mio. t erholen.

Die deutsche Getreideernte 2020 (ohne Mais) liegt nach vorläufigen Zahlen des BMEL mit nur 39,1 Mio. t knapp 4 % unter dem Vorjahresergebnis (40,6) bzw. 6 % unter dem 5-Jahresmittel (41,6). Weniger Weizen, weniger Gerste, aber etwas mehr Körnermais führen zu diesem Ergebnis. Die Weizenproduktion wird bei insgesamt 21,88 Mio. t (-5,1 %) gesehen.

Die Gerstenernte soll 10,89 Mio. t (-6,1 %) betragen. Mehr Körnermais mit knapp 3,87 Mio. t durch etwas mehr Fläche und einen leicht höheren Ertrag soll +5,7 % zum Vorjahr bringen. In der dritten Schätzung prognostiziert der DRV für 2021 bei marginal fallender Anbaufläche (6,024 Mio. ha) eine Getreideernte (mit Mais) von 43,7 Mio. t (Vj. 43,3).

Futtergerste



Die Erzeugerpreise für Futtergerste lagen im Süden nach der Ernte 2020 bei eher schwachen Werten um 13,50 €/dt. Futtergerste konnte aber im 4.Quartal, und insbesondere im 1. Quartal 2021, vom Aufwärtstrend bei den Getreidepreisen profitieren.

Zwischenzeitlich haben die Erzeugerpreise um gut 5 €/dt auf 18,50 €/dt angezogen. Auf EU-27-Ebene wird die Gerstenernte nach einer Abwärtskorrektur gegenüber ex-Ernte auf 54,8 Mio. t beziffert. Bei einem Binnenverbrauch von 44,4 Mio. t und einem unverändert eingeschätzten Export von 10,5 Mio. t könnten sich die Bestände bei 5,2 Mio. t knapp über Vorjahresniveau (4,3) halten.

Für Deutschland beziffert das BMEL den Wintergerstenanbau auf 1,31 Mio. ha (Vj. 1,35) und die Erntemenge auf 8,85 Mio. t (Vj. 9,76) bei einem Durchschnittsertrag von 67,5 dt/ha (Vj. 72,2). Die knappe Versorgungslage hat sich im Laufe des Vermarktungsjahres am Kassamarkt durchgesetzt, die nach der Ernte unbefriedigenden Preise sind Geschichte.

Eine insgesamt gut ausgeglichene Versorgung weltweit sowie ein optimistischer Blick auf das neue EU-Getreidewirtschaftsjahr 2021/22, wie von der Kommis-sion unlängst in der Maischätzung veröffentlicht, begrenzt den Preisanstieg. Alterntige Gerste wird knapp bleiben, die Hoffnung auf die neue Ernte übt aber gewissen Druck aus. Hinzu kommen die Unsicherheiten am Schweinemarkt durch das ASP-Geschehen in Deutschland. Optimistischer hingegen stimmen die Signale vom Ferkelmarkt. Hier war in den vergangenen Monaten eine deutliche Konsolidierung der Preise zu spüren.

Brotweizen



2019/20 schloss mit einer Welt-Weizenerzeugung von 764 Mio. t und einem Verbrauch von 741 Mio. t mit einem positiven Ergebnis. Der Endbestand zum 30.06.2020 stieg auf einen Wert von 300 Mio. t (stock-to-use-ratio = 40,5 %). Für 2020/21 sieht das USDA in seiner Maischätzung eine gerade so ausgeglichene Bilanz. Einer Ernte von 776 Mio. t soll ein Verbrauch von 774 Mio. t gegenüberstehen. Die Endbestände fallen um 5 Mio. t wieder unter die 300 Mio.t-Marke auf 295 Mio. t.

In der EU-27 bestätigt die Kommission die Weizenernte 2020 (einschl. Durum) in ihrer Maischätzung bei 124,4 Mio. t. Damit wurde im vergangenen Jahr, ähnlich wie bei Mais, ein unterdurchschnittliches Ernteergebnis eingefahren. Grund war, dass die Weizenernte aufgrund der Trockenheit in weiten Teilen Europas geringer ausfiel.

Allerdings zeichnet die EU-Kommission in ihrer dritten Einschätzung der neuen Ernte 2021/22 mit 133,9 Mio. t weiterhin ein optimistisches Bild. In Deutschland ist 2020 nach Zahlen des BMEL eine Weizenmenge von 21,88 Mio. t. bei einem Durchschnittsertrag von 77,2 dt/ha gedroschen worden (Vj: 23,06 Mio. t; 74 dt/ha).

Mit aktuellen Erzeugerpreisen um 20,30 €/dt konnte sich Brotweizen deutlich von der ex-Ernte-Situation abheben. Direkt in der Ernte lagen die Preise um 15 €/dt. In Summe zeigt sich die weltweite, aber auch die europäische Weizenversorgung noch immer als solide. Dennoch konnten sich die Weizenpreise deutlich befestigen, getragen von knapperer Einschätzung der Welt-Getreidebilanz und vor allem umfangreichen Käufen Chinas.

Geringfügig abschwächende Signale gehen von der Einschätzung der neuen Ernte aus. Die Börsenkurse wurden davon bereits erfasst. Weizen (SEP21) der neuen Ernte verlor in den letzten Wochen rund 10 % und notiert aktuell um 210 €/t. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, dass auch die Erzeugerpreise in den Sog geraten.

Terminmarkt Weizen



Die aktuelle Welt-Weizenbilanz 2020/21 zeigt sich zwar noch gerade ausgeglichen. Kommt es so wie es das USDA in seiner Maischätzung prognostiziert hat, liegen die Welt-Weizen-Endbestände zum 30.06.2021 mit 295 Mio. t wieder knapp unter der 300 Mio. t-Marke.

Nach einem Tief bei gut 480 US-Cent/bushel Ende Juni konnte sich US-Weizen (MRZ21) in Chicago allerdings in der Spitze auf über 680 US-Cent/bushel befestigen. Der Verlauf der Weizennotierungen an der europäischen Warenterminbörse EURONEXT in Paris für den MAI21 verlief ähnlich steil aufwärts bis auf Werte von knapp unter 260 €/t in der Spitze.

Optimistische Nachrichten zur neuen Ernte 2021/22 brachten jedoch eine Kehrtwende. Die Weizenkurse waren um rund 10% rückläufig. US-Weizen tendiert derzeit um 670 US-Cent/bushel auf neue Ernte. An der MATIF wurde für den SEP21 zuletzt die 210 €/t-Marke knapp unterboten. Zwar rechnet der Markt wieder mit einer Beruhigung, ein erneuter Anstieg ist jedoch nicht ausgeschlossen.

Braugerste



Die EU-27-Gerstenernte 2020 wird von der EU-Kommission in der Maischätzung auf insgesamt 54,8 Mio. t geschätzt (Vj. 55,0). Damit wurde die Schätzung für 2020 gegenüber Januar um rund 0,4 Mio. t leicht angehoben. Dem Braugerstenmarkt wird inzwischen eine zunehmend knappere Versorgung attestiert.

Die aufgrund des BREXIT erwartete 2. Exportwelle aus Großbritannien ist ausgeblieben, nicht zuletzt da die britische Ernte witterungsbedingt deutlich geringere Mengen als üblich an braufähigen Qualitäten aufwies. Hatten sich die Mälzer aufgrund schwacher Markterwartungen, bedingt durch Corona, nur vorsichtig und kurzfristig mit Ware eingedeckt, so stehen sie jetzt nach dem Brexit vor der Herausforderung sich im Inland oder aus Skandinavien die Ware beschaffen zu müssen. Aber Ware ist knapp.

Frankreich blickt auf eine extrem schwache Ernte zurück, steigende Futtergerstenpreise treiben die Braugerste nach oben. Die Erzeugerpreise im Süden zeigen mit 19,00 €/t zwar eine Aufwärtstendenz, und auch die Großhandelspreise franko Mannheim liegen mit 23,00 bis 22,50 €/dt inzwischen rund 5 €/dt über dem Niveau ex-Ernte. Dennoch zeigt eine Prämie von nur 0,50 €/dt zur Futtergerste, dass der Druck bei braufähiger Ware noch überschaubar ausfällt.
LEL Schwäbisch Gmünd
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