Die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für
Vieh und Fleisch (VEZG) ließ am Mittwoch (24.6.) ihre nationale Leitnotierung mit 1,66 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) unverändert.
Am Lebendmarkt müssen aber laut Analysten große Mengen an schlachtreifen Schweinen, die für Rheda gedacht waren, zu anderen Schlachthöfen umgeleitet werden. Das gelinge nicht immer reibungslos, und es komme zu Überhängen. Das Problem seien nicht nur die weggefallenen Schlacht-, sondern vor allem die fehlenden Zerlegekapazitäten, berichteten Marktteilnehmer. So schicke halb Europa
Sauen oder deren Hälften zur Zerlegung in das nun geschlossene Werk von Tönnies.
Doch insgesamt sei die Situation bisher weniger schlimm als befürchtet, so die Experten. Zu Gute komme den Mästern, dass ihr Schweineangebot saisonal gering ausfalle und die Stückzahlen auch unter Vorjahresniveau lägen. Zudem ließen sich am
Fleischmarkt die meisten Teilstücke gut verkaufen, auch wenn Unsicherheiten zu spüren seien.
Der Marktanalyst für
Fleischwirtschaft der
Agrarmarkt Informations-GmbH (AMI), Dr. Tim Koch, geht nicht davon aus, dass durch die vorrübergehende Schließung des Tönnies-Werks
Schweinefleisch für Verbraucher in den Läden knapp wird. Allenfalls punktuell könne es bei betroffenen Handelsketten für einzelne Produkte zu einem etwas geringeren Angebot kommen.
Der Marktexperte Matthias Quaing von der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (
ISN) rechnet hierzulande ebenfalls nicht mit leeren Fleischregalen im Supermarkt, wie das in den USA nach Schlachthofschließungen vorgekommen ist. Es sei genug Fleisch verfügbar, und Ware könne auch aus anderen Ländern der Europäischen Union bezogen werden, erläuterte Quaing.
Tönnies-Shutdown in Nachbarländern zu spürenIn anderen Ländern der EU machte sich die Schließung des großen Schlacht- und Zerlegewerks von Tönnies ebenfalls bemerkbar. Aus Belgien wurde - wie bereits eine Woche zuvor - berichtet, dass der Lebendexport von Schweinen und Sauen nach Deutschland stark ins Stocken geraten sei. Die
Schlachtschweinepreise gaben dort aufgrund des größeren Angebots um 4 Cent/kg Lebendgewicht (LG) nach.
Danish Crown (DC) wies darauf hin, dass mit der vorübergehenden
Stilllegung des größten deutschen Schlachthofs ein „zentraler Knotenpunkt der europäischen Lieferkette“ weggefallen sei. In der nun geschlossenen Fabrik seien viele Teilstücke aus anderen Schlachthöfen, auch aus Dänemark, entbeint worden. Diese Ware werde nun europaweit angeboten und drücke die Preise, so DC.
Zudem belaste den Markt, dass US-Schlachthöfe im Moment hohe Mengen an günstigem Schweinefleisch nach China verkauften, weshalb der dortige Markt nur in sehr begrenztem Umfang eine Alternative zum Verkauf in Europa sei. DC senkte seinen Ankaufspreis für Schlachtschweine um umgerechnet 4 Cent auf 1,45 Euro/kg SG. In Österreich war der
Schlachtschweinemarkt nach Angaben des Verbandes landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten ausgeglichen; die dortige Notierung blieb mit 1,63 Euro/kg SG stabil.
Der Verband merkte an, dass der „mediale Hype“ im Zusammenhang mit der Firma Tönnies insgesamt nicht förderlich für den
Fleischkonsum sei. Der Wegfall von Tönnies-Produkten im
Fleischhandel und in der Industrie habe bisher keine spürbare Nachfragebelebung für heimische Ware zur Folge gehabt.
Spanien und Italien im PlusIn Spanien störte vergangene Woche ein Feiertag in der Schweinehochburg Katalonien die Vermarktung. Doch Überhänge gab es bei saisonal rückläufigen Stückzahlen und Schlachtgewichten nicht. Am Mercolleida konnte sich die Notierung am vergangenen Donnerstag weiter befestigten; sie legte um 1 Cent auf 1,328 Euro/kg LG zu.
Auch die Spanier berichteten über ein schwieriger werdendes China-Geschäft, was nicht nur an neuen Corona-Fällen in Peking, sondern auch an den mittlerweile verlangten „Corona-Freiheits-Zertifikaten“ für geliefertes Fleisch sowie dem großen US-Angebot liege. In Italien setzte sich die Erholung des Schweinemarkts fort; die nationale Notierung für Schlachtschweine zog um 4,5 Cent/kg LG an. Für freie Schweine lag der Preis aber nur bei rund 1 Euro/kg LG.
Nach Angaben der
EU-Kommission wurden in den Mitgliedstaaten für Tiere der Handelsklasse E in der Woche zum 21. Juni im
Schnitt 161,46 Euro/100 kg SG gezahlt; das waren 1,90 Euro oder 1,2 % weniger als in der Vorwoche. Schwächer tendierten dabei die Preise mit Abschlägen zwischen 0,6 % und 1,8 % in Polen, Schweden, Dänemark und Bulgarien. Unverändert wurden Schlachtschweine in Deutschland, Frankreich und Österreich bezahlt. Die Erzeuger in Rumänien und Italien konnten sich hingegen über Zuschläge von 1,5 % beziehungsweise 1,9 % freuen.