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20.09.2021 | 04:29

Absage an Ausstiegsprämien für Schweinehalter

Schlachtschweinemarkt
Teilnehmer des Branchengesprächs zur Krise am Schweinemarkt sehen keinen Sinn in einer Ausstiegsförderung - Offensive zur Absatzförderung wird allseits unterstützt - CDU-Agrarministerinnen fordern Erarbeitung einer Branchenstrategie – Der Bauernverband hält Unterstützung durch weitere Corona-Hilfen für entscheidend. (c) proplanta

Verbände sehen Handel in der Pflicht



Krise am Schweinemarkt: Landvolk fordert von den Handelsunternehmen fairen Umgang - Herkunftsnachweis auf freiwilliger Basis einführen - Horper übt scharfe Kritik am LEH - Bauern links liegen gelassen - ISN warnt vor Behinderung der Absatzförderung - Aldi kündigt zusätzliche Schweinefleisch-Aktionsartikel aus deutscher Herkunft an.


Bei der Bewältigung der Krise am Schweinemarkt kommt insbesondere auch dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) eine wichtige Rolle zu. Das haben verschiedene Agrarverbände im Anschluss an das „Branchengespräch Fleisch“ vom vergangenen Mittwoch (15.9.) hervorgehoben. Der Präsident des Landvolkes Niedersachsen, Dr. Holger Hennies, forderte die Handelsunternehmen auf, fair mit ihren Partnern umzugehen und die im Rahmen des Gespräches geplanten Absatzförderungsaktionen „mit Verantwortung zu verbinden“.

Hennies nannte in diesem Zusammenhang freiwillig erhöhte Zahlungen an die Initiative Tierwohl (ITW), um vor allem die besonders hart getroffenen Sauenhalter kurzfristig zu unterstützen. Zudem könne der Handel mit der Ausweisung eines Herkunftsnachweises der „hinterherhinkenden“ Politik vorgreifen. „Wenn der Verbraucher erkennt, dass das Schweinefleisch von der Geburt bis zum Endprodukt in Deutschland hergestellt wurde, dann ist er auch bereit, dies zu unterstützen“, zeigte sich Niedersachsens Landesbauernpräsident überzeugt.

Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV), Michael Horper, ging derweil mit den Handelsunternehmen hart ins Gericht. „Der LEH bekommt den Rachen nicht voll“, erklärte Horper. Der Handel mache seine gewinnbringenden Geschäfte und lasse die Bauern „links liegen“, anstatt eine nachhaltige Partnerschaft zu leben.

Nach Angaben des BWV hatte der LEH bei Schweinefleisch 2012 eine Marge von 3,8 Euro pro Kilogramm erzielt. Mittlerweile seien es mehr als 6,0 Euro, während die Bauernfamilien keine Chance mehr hätten, ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, von Investitionen in moderne und tierfreundliche Stallhaltungen ganz zu schweigen.

ISN für „massive“ Werbeaktionen



Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) will, dass mit „massiven Werbeaktionen“ der Absatz von deutschem Schweinefleisch angekurbelt wird. Die Lager seien so voll wie noch nie, daher würden genau solche Aktionen gebraucht, betonte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Allerdings dürfe der LEH nicht durch politische Aussagen gerügt oder gar behindert werden.

Der ISN-Geschäftsführer begrüßte, dass Aldi Nord und Süd direkt im Anschluss des Branchengespräches bereits zusätzliche Schweinefleisch-Aktionsartikel aus deutscher Herkunft angekündigt hätten. Weitere Händler und insbesondere auch der Großhandel müssten nun schnell nachziehen. Laut ISN wird die aktuelle Krise am Schweinemarkt innerhalb der Wertschöpfungskette durchaus unterschiedlich beurteilt. Während die nachgelagerten Stufen eher von einer temporären Absatzproblematik ausgingen, sehe sich die Erzeugerstufe in einer strukturellen Krise.

Aldi will Abnahmepreis stabil halten



Bei der Ankündigung der Absatzförderung für deutsches Schweinefleisch betonten die Aldi-Unternehmen die Bedeutung des Preises. „Den Absatz von Schweinefleisch zu unterstützen, wird derzeit von vielen Landwirten an uns herangetragen“, erklärte der Managing Director Corporate Buying bei Aldi Süd, Erik Döbele. Das funktioniere in Deutschland jedoch in erheblichem Umfang nur über den Preis.

Laut Döbele hat das Handelsunternehmen in den letzten Monaten „nicht zuletzt aufgrund des Drucks der Politik“ die Bewerbung von Fleisch deutlich eingeschränkt. Viele Experten aus dem Agrarsektor bestätigten jedoch, dass die Menge an Schwein abverkauft werden müsse, anderenfalls drohe ein Kollaps der deutschen Schweinehaltung.

Der Managing Director Category Management bei Aldi Nord, Tobias Heinbockel, betonte, „Aldi ist bereit, marktseitig seinen Anteil zur Entlastung der Situation beizutragen“. Man habe sich bereits dazu entschlossen, den Abnahmepreis für Schwein bis zu 20 % über dem Marktniveau stabil zu halten und vorerst auf Neuausschreibungen bei bestehenden Artikeln zu verzichten.

Greenpeace fordert Bestandsverringerung



Die Umweltorganisation Greenpeace pochte unterdessen auf einen massiven Abbau des Schweinebestandes. Laut Landwirtschaftsreferent Martin Hofstetter werden sich nur so Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht und die Preise stabilisieren lassen. „Entscheidend“ sei aber die langfristige Perspektive. Um die gesetzlich vorgegebenen Klimaziele für 2045 zu erreichen, müsse die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft halbiert werden.

Nach Einschätzung von Hofstetter hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bislang nichts unternommen, um die betroffenen Landwirte beim anstehenden Umbau der Tierhaltung zu unterstützen. Stattdessen wolle die Ministerin den inländischen Konsum und den Export ankurbeln; dieser „hektische Aktionismus“ mit kurzfristigen Eingriffen in den Markt werde aber weder das strukturelle Überangebot an Schweinefleisch noch die ökologischen Probleme lösen.
AgE
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