Der Grund ist das allseits zu knappe Lebendangebot für die langsam anziehende Fleischnachfrage. Die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für Vieh- und Fleisch (VEZG) setzte am Mittwoch (17.8.) ihre Leitnotierung für Schlachtschweine um 7 Cent auf glatt 2,00 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) herauf.
Erst zwei Mal, nämlich im Dezember 2019 und im März 2020, wurde diese Marke kurzfristig übertroffen. Allerdings waren damals die
Produktionskosten nicht so hoch wie heute. Laut VEZG trifft das weiter zurückpendelnde Schweineangebot auf eine sich zügiger entwickelnde Nachfrage der Schlachtunternehmen. Hier und da wurden in Erwartung steigender Preise laut Marktbeobachtern auch Schweine zurückgehalten, was die Verfügbarkeit zusätzlich verknappte.
Zurückkehrende Urlauber und die Wiederaufnahmen der Produktion in den
Fleischwaren und Wurstbetrieben sowie Grillaktivitäten und Großveranstaltungen bescherten auf der anderen Seite dem
Fleischmarkt gewisse Impulse. Auch die Teilstückpreise zogen an.
Die Aussicht auf mögliche Lieferungen von deutschem
Schweinefleisch nach Südkorea nach Anerkennung des Regionalisierungskonzeptes machte ebenfalls Hoffnung. Dazu merkte der Verband der
Fleischwirtschaft (VDF) auf Anfrage von AGRA-EUROPE an, dass es hierfür noch keine Bestätigung gebe. Zudem gehe es nicht allein um Deutschland, sondern um die Anerkennung der EU-Regionalisierung für alle Mitgliedstaaten.
Wenn diese offiziell erfolgen sollte, könne jedoch noch nicht gleich wieder aus Deutschland exportiert werden, weil dann noch das bilaterale Exportzertifikat angepasst und die
Betriebe neu zugelassen werden müssten. Danach könne, je nachdem wie die Anpassung aussehe, möglicherweise wieder nach Südkorea exportiert werden, erläuterte der VDF.
Noch keine Kostendeckung
Die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) wies angesichts des jüngsten Preisanstiegs darauf hin, dass die Schweinehalter in Deutschland weiterhin mit hohen Kosten zu kämpfen hätten. Auch wenn die
Futterkosten zuletzt etwas gesunken seien, befänden sie sich weiter auf einem sehr hohen Niveau und die Energiekosten stiegen weiter steil an.
Nach einer Vollkostenrechnung für die
Ferkelerzeugung und Schweinemast wäre laut
ISN ein
Preisniveau von etwa 2,50 Euro/kg SG für Schlachtschweine notwendig, wovon die VEZG-Notierung im Moment noch weit entfernt sei.
„Ketchup-Effekt“
Die bessere Marktstimmung war auch in den meisten anderen Staaten der Europäischen Union anzutreffen. Dänemarks führender Schweinefleischhersteller
Danish Crown sprach von einem „Ketchup-Effekt“ am Markt. Nach einem Frühjahr und Sommer, in dem die Fleischnachfrage nicht so hoch gewesen sei, ziehe sie nun an und treffe auf ein geringes Schweineangebot, weshalb die Erzeugerpreise deutlich stiegen.
Der Markt für Frischfleisch in Europa werde durch gute Verkäufe an die verarbeitende Industrie angetrieben, während der Absatz an den Einzelhandel noch besser laufen könnte. Ausschlaggebend für den Stimmungsumschwung sei vor allem der zuletzt wieder zunehmende Export aus Europa in Drittländer gewesen. Danish Crown hob seien Ankaufspreis für Schlachtschweine um umgerechnet 4 Cent auf einen Basiswert von 1,63 Euro/kg SG an.
In Frankreich legte die Notierung am Marché du Porc Breton (MPB) im Vorwochenvergleich um 2,6 Cent auf die neue Rekordhöhe von 1,998 Euro/kg SG zu. Trotz eines Feiertages und eingeschränkter Schlachtaktivitäten reichte das Angebot schlachtreifer Tiere nur knapp aus.
Nach Ansicht von MPB-Direktor Pascal Le Duot wird sich der Rückgang der
Schweineproduktion in den kommenden Monaten fortsetzen und der historisch hohe
Schweinepreis bestätigten. Das sei das Ergebnis der schon länger anhaltenden Betriebsaufgaben, die sich durch den Produktionskostenanstieg noch verstärkt hätten. „Im Gegensatz zu früheren Jahren ist es nicht mehr das Fleisch, das den Preis bestimmt, sondern der Mangel an Schweinen", erklärte Le Duot.
Zu wenig Schweine in Spanien
Aus Belgien wurde zuletzt ein Preisplus von 7 Cent/kg Lebendgewicht (LG) gemeldet. Im Einklang mit dem EU-Markt zogen dort laut Analysten die Preise im Teilstückverkauf diese Woche im
Schnitt um fast 10 Cent/kg an. Die Vion in den Niederlanden setzte ihren Auszahlungspreis für Schlachtschweine um 6 Cent auf 2,01 Euro/kg SG einschließlich Mehrwertsteuer nach oben.
Rar waren schlachtreife Schweine trotz fehlendem Schlachttag wegen Mariä Himmelfahrt auch in Österreich. Die Leitnotierung des Verbandes Landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) stieg um 5 Cent auf 2,13 Euro/kg SG. Der
Lebensmitteleinzelhandel (
LEH) versuche aktuell mit Preisaktionen den zuletzt zwischen 10 % und 20 % eingebrochenen Fleischabsatz wieder anzukurbeln, und der Plan scheine aufzugehen, berichtete der VLV.
Ein geringerer Notierungszuwachs von 0,7 Cent auf 1,707 Euro/kg LG wurde unterdessen vom spanischen Mercolleida gemeldet. Dort hat der Schlachtschweinepreis nach dem kontinuierlichen Anstieg seit Anfang Juni ebenfalls ein neues Rekordniveau erreicht.
Das Lebendangebot lag zuletzt um 7 % unter dem Vorjahresniveau, die Schlachtgewichte auf einem historischen Tiefstand. In Spanien nimmt man gerne zur Kenntnis, dass sich durch die Preissteigerungen im nördlichen Europa nun der Abstand verringert, was die eigene
Wettbewerbsfähigkeit verbessert.
EU-Schweine ein Drittel teurer
In der gesamten Europäischen Union zogen die
Schlachtschweinepreise in der Woche zum 14. August in nahezu allen Mitgliedstaaten an. Laut
EU-Kommission zahlten die Schlachtbetriebe für Tiere der Handelsklasse E im Mittel 197,19 Euro/100 kg SG; das waren 2,51 Euro oder 1,3 % mehr als in der Vorwoche. Im Vergleich zu Mitte August 2021 erlösten die Tiere gut ein Drittel mehr Geld, bei gleichzeitig deutlich höheren Erzeugerkosten.
In der Berichtswoche konnten sich die
Mäster in Rumänien über den EU-weit stärksten Aufschlag von 3,9 % freuen. Deutlich tiefer in die Tasche greifen mussten die
Schlachtunternehmen auch in den Niederlanden, Slowenien und Deutschland, die für die Tiere zwischen 2,4 % und 2,7 % mehr zahlen mussten. In Frankreich und Tschechien stiegen die Schlachtschweinepreise jeweils um 1,0 %, in Spanien um 0,8 %. Einziges Land mit einem rückläufigen Preis war laut Kommission Ungarn, wo es zu einem Abschlag von 1,2 % kam.