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29.05.2022 | 10:51 | Schweineseuche 

Afrikanische Schweinepest erreicht Baden-Württemberg

Bonn / Stuttgart - Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist jetzt erstmals auch im Westen Deutschlands aufgetreten, und zwar in Baden-Württemberg. Betroffen ist ein Betrieb mit 35 Tieren in Freilandhaltung in der Gemeinde Forchheim im Landkreis Emmendingen, nahe der französischen Grenze.

Schweineseuche
Tierseuche bricht in einer kleinen Freilandhaltung im Landkreis Emmendingen am Kaiserstuhl aus. (c) proplanta
Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte, hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) am späten Mittwochabend (25.5) den Nachweis des ASP-Virus bestätigt, nachdem zuvor mehrere Tiere verendet waren. Mittlerweile wurde der gesamte Bestand getötet und fachgerecht beseitigt.

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ASP Baden-Württemberg erreicht. Wir sind gut vorbereitet, alle notwendigen Maßnahmen wurden umgehend ergriffen“, erklärte Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Zur konkreten Eintragsursache könnten derzeit noch keine Angaben gemacht werden. Anfang dieser Woche werde das Epidemiologie-Team des FLI die Behörden vor Ort bei den Untersuchungen unterstützen.

Zudem solle die Gensequenzierung des Erregers weiteren Aufschluss über dessen Herkunft geben. „Wir müssen aktuell davon ausgehen, dass der Eintrag durch menschliches Handeln verursacht wurde“, so der Minister. Die bisherigen Ausbruchsgebiete im Osten Deutschlands sind mehr als 600 km Luftlinie entfernt.

Sperrzonen eingerichtet

Die Behörden haben um den betroffenen Betrieb umgehend eine Sperrzone eingerichtet. Diese besteht aus einer Schutzzone mit einem Mindestradius von 3 km und eine sich daran nach außen anschließende Überwachungszone mit einem Radius von mindestens 10 km um den Ausbruchsort. In der gesamten Sperrzone ist das Verbringen von Schweinen in beziehungsweise aus den Betrieben verboten.

Dies gilt auch für das Verbringen von frischem Fleisch und Fleischerzeugnissen von Schweinen aus Schlachthöfen oder Wildverarbeitungsbetrieben. Tierische Nebenprodukte sowie Gülle, Mist und Einstreu von Schweinen dürfen ebenfalls nicht aus den Betrieben transportiert werden. Ausnahmen sind nur unter strengen Auflagen möglich. Außerdem müssen alle Schweinehalter strengste Biosicherheitsmaßnahmen einhalten und ihre Tiere dem Veterinäramt melden. Laut Ministerium gibt es in der Schutzzone zwei Schweinebetriebe mit 316 Tieren, im Überwachungsgebiet 56 Halter mit gut 700 Schweinen.

Kadaversuche mit Priorität

Weil es sich bisher nur um einen Seuchenausbruch bei Hausschweinen handelt, gibt es laut Hauk keine Beschränkungen für pflanzliche Produkte wie beispielsweise Futtermittel, Stroh oder andere landwirtschaftliche Produkte wie Rindfleisch, Obst und Gemüse. Diese dürfen weiterhin verbracht werden.

Dem Minister zufolge kommt es nun entscheidend auf das Monitoring und die Fallwildsuche an, um abzuklären, ob es sich um ein lokales Geschehen im Betrieb handelt und keine Wildschweine betroffen sind. Die Such nach Wildschweinen beziehungsweise deren Kadavern begann am vergangenen Freitag mit mehreren Teams und Hunden. Außerhalb von Waldflächen kamen auch Drohnen mit Wärmebild-Kameras zum Einsatz.

Zudem sollen in den Kreisen Offenburg, Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald alle geschossenen und gefallenen Schwarzkittel serologisch untersucht werden. Sollten keine ASP-Wildschweine gefunden werden, wäre die Gefahr eines flächendeckenden Ausbruchs wohl gebannt. Es würde sich dann wie Mitte November 2021 in einem Mastbetrieb im Kreis Rostock um einen isolierten Punkteintrag handeln.

Schweinehalter in schwieriger Lage

Bereits vor dem Bekanntwerden des ASP-Falls hatte der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) ein düsteres Bild von der Schweinehaltung in dem Bundesland gezeichnet. „Die Schweinehalter in Baden-Württemberg stehen mit dem Rücken zur Wand; die Frustration ist hoch. Zukunftsperspektiven sind schwer erkennbar“, hatte LBV-Präsident Joachim Rukwied am Mittwoch auf der Vorstandssitzung des Verbandes in Denkendorf beklagt.

Der Strukturbruch gehe unvermindert weiter. Ein einst starker und traditioneller Betriebszweig stehe vor dem Aus. Hauk appelliere an die Verbraucher und insbesondere an den Handel, die Schweinehalter zu unterstützen und regionales Schweinefleisch zu kaufen. Es gebe wegen der ASP keinen Grund, dies nicht zu tun; das Fleisch sei uneingeschränkt verzehrstauglich.

ISN mahnt zur Biosicherheit

Für die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) hat sich mit dem Fall in Baden-Württemberg gezeigt, dass sich ein punktuelles Ausbreitungsgeschehen der ASP in Deutschland nicht gänzlich verhindern lässt. Entscheidend sei nun, die Ursachen für die Einschleppung zu finden und eine weitere Ausbreitung der Tierseuche durch die angelaufenen Bekämpfungsstrategien zu verhindern.

Bislang gebe es keine Hinweise, dass auch Wildschweine in der Region betroffen seien. Sollte sich das bestätigen, gebe es berechtigte Hoffnung, das ASP-Geschehen in Forchheim wieder schnell in den Griff zu bekommen. Der neueste Ausbruch zeige aber auch, wie wichtig die Biosicherheitsmaßnahmen in schweinehaltenden Betrieben seien, unabhängig von deren Größe.

Prävention in Mecklenburg-Vorpommern wirkt

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus mahnte, bei der ASP-Bekämpfung nicht nachlässig zu werden. „Noch am Mittwoch haben wir die Notwendigkeit unserer ASP-Schutzmaßnahmen - insbesondere den Wildschutzzaun entlang der Grenze zu Polen - gegenüber einigen kritischen Stimmen von Naturschutzverbänden in aller Transparenz verteidigt“, berichtete der Minister.

Die aktuellen Entwicklungen bestätigten, dass Mecklenburg-Vorpommern mit einer Vielzahl an Präventionsmaßnahmen auf dem richtigen Weg sei. Backhaus betonte jedoch, dass die ASP-Bekämpfung nicht nur die Aufgabe einzelner Bundesländer sein könne.

„Ich hoffe sehr, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Ernst der Lage erkennt und wahrgenommen hat, dass die Seuche nun über die Grenzen der neuen Bundesländer hinausgesprungen ist, so wie es die Ressortchefs auf den Agrarministerkonferenzen immer prophezeit haben“, erklärte Backhaus. Er forderte deshalb erneut, dass der Bund die ASP-Bekämpfung zu einer nationalen Aufgabe mache und die notwendigen Finanzmittel bereitstelle.

Frankreich alarmiert

Nach dem ASP-Ausbruch im Grenzgebiet zu Baden-Württemberg hat das Landwirtschaftsministerium in Frankreich zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Wie das Pariser Agrarressort mitteilte, wird der im Februar erstellte Präventionsplan aktiviert. Dementsprechend werden die Wildtierüberwachung ausgeweitet, die bestehenden Hygienemaßnahmen überprüft und Akteure wie Verwaltungen und Tierärzte eingebunden, um nicht registrierte Schweinehaltungen schnellstmöglich zu ermitteln.

Ein Krisenstab soll sich in der kommenden Woche erstmals treffen und auch über eine Ausweitung der Maßnahmen beraten. Das Ministerium rief dazu auf, die Biosicherheitsmaßnahmen sowohl in der Tierhaltung als auch beim Transport strengstens einzuhalten, was insbesondere für Verbringungen aus dem neuen deutschen Ausbruchsgebiet gelte. Nutztiere und Lebensmittel dürften keinen Kontakt zu Wildtieren haben und die Regeln der Rückverfolgbarkeit müssten strikt eingehalten werden.

Spanien empfiehlt Achtsamkeit

Die spanische Regierung nahm den ASP-Ausbruch an der deutsch-französischen Grenze ebenfalls zum Anlass, die heimischen Betriebe zur Achtsamkeit aufzurufen. Biosicherheitsmaßnahmen in den Schweinezuchtbetrieben und beim Tiertransport seien dringend einzuhalten. Vorsicht sei außerdem bei Arbeitnehmern geboten, die aus betroffenen oder gefährdeten Ländern kämen und unbeabsichtigt zur Ausbreitung der Krankheit beitragen könnten.

Bereits am Mittwochvormittag und damit vor Bekanntwerden des Falls in Baden-Württemberg hatte das Landwirtschaftsministerium in Madrid auf die Wichtigkeit der Desinfektion etwa bei Tiertransporten hingewiesen und in diesem Zusammenhang eine Liste mit zugelassenen, gegen die ASP wirkenden Desinfektionsmitteln veröffentlicht.

Italien muss rote Zone erweitern

Unterdessen ist in Italien die Verbreitung des ASP-Virus in der Wildschweinepopulation weiter vorangeschritten. In dem nördlich von Rom gelegenen Ausbruchsgebiet wurde ein Kadaver einige Kilometer außerhalb der bisherigen roten Zone in der Provinz Rieti gefunden. Die Kernzone muss nun erweitert werden. Insgesamt gab es bis zum vergangenen Donnerstag rund um den römischen Insugherata-Park bisher 14 ASP-Nachweise.

Hinzu kommen in Norditalien 78 Fälle im Piemont und 53 in Ligurien. Der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Andrea Costa, bestätigte laut Presseberichten erneut das Vorhaben, die Zahl der Wildschweine zu reduzieren. Die betroffenen nördlichen Regionen seien aufgefordert worden, Pläne für eine deutliche Bestandsminderung um bis zu 50 % auszuarbeiten, so Costa. Außerdem werde überlegt, die Jagdzeiten in Italien zu verlängern.

Keulungen in Südkorea

Auch Südkorea musste vergangene Woche den ersten ASP-Ausbruch in diesem Jahr in einer Schweinehaltung melden. Wie das Landwirtschaftsministerium in Seoul am vergangenen Freitag mitteilte, war eine Farm in Hongcheon, etwa 100 km Kilometer östlich der Hauptstadt betroffen. Dort wurden alle 1.175 Schweine gekeult, um eine Ausbreitung der Tierseuche zu verhindern. Zuvor hatte es den letzten Ausbruch bei Nutzschweinen am 5. Oktober 2021 gegeben.

Laut Ministerium wird die aktuelle ASP-Situation wahrscheinlich keine Auswirkungen auf die Schweinefleischversorgung des Landes haben. Im Jahr 2019 hatte die Tierseuche der südkoreanischen Schweinebranche schweren Schaden zugefügt; damals mussten mehr als 150.000 Tiere gekeult werden. Das hatte zu einem deutlichen Anstieg der Preise und Importe geführt.
AgE
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