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28.08.2022 | 10:53 | Schweineseuche 

Özdemir beantragt Fristverkürzung für Niedersachsens ASP-Zone

Berlin - Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat bei der EU-Kommission eine Verkürzung der Frist von Verbringungsauflagen für Schweine in der niedersächsischen Überwachungszone der Afrikanischen Schweinepest (ASP) beantragt.

Cem Özdemir
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Bundeslandwirtschaftsministerium stellt bei EU Antrag auf verkürzte Frist für Verbringungsauflagen in Südniedersachsen - Özdemir hofft wegen Tierschutzproblemen auf schnelle Entscheidung in Brüssel. (c) proplanta
Wie das Ministerium am Mittwoch (24.8.) mitteilte, hat das Bundesland am vorherigen Wochenende alle notwendige Informationen und Daten zu der epidemiologischen Situation sowie den ergriffenen Schutzmaßnahmen in dem betroffenen Gebiet in den Kreisen Emsland und Grafschaft Bentheim geliefert, so dass nun der Antrag auf Fristverkürzung gestellt werden konnte.

Die nach einem ASP-Ausbruch in einer Schweinehaltung Anfang Juli in Emsbüren eigentlich bis zum 14. Oktober geltenden Tierseuchenauflagen haben in der Überwachungszone zu einem Stau mit zuletzt 30.000 überschweren Schweinen geführt. „Mir macht die Situation der von der ASP betroffenen Betriebe große Sorgen; davon hängen Existenzen ab“, erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.

Er appellierte dringend an die EU-Kommission, „hier schnell zu einer Entscheidung zu kommen - im Sinne der betroffenen Betriebe, da immer mehr Schweine ihr Schlachtgewicht erreichen“. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast hatte zuvor in einem Schreiben an Özdemir aufgrund der Tierschutzprobleme „inständig“ darum gebeten, dass er sich bei der EU für eine Fristverkürzung zum 3. September einsetzen möge.

Dies sei auch gut zu begründen, denn alle Untersuchungsergebnisse bei Haus- und Wildschweinen auf das Virus seien negativ und durchgeführte Schritte zur Bekämpfung der Seuche und gegen eine erneute Einschleppung seien ausführlich dokumentiert.

„Wir haben es also mit einem Punkteintrag zu tun. Die gesamte Sperrzone ist frei von ASP“, so die Ministerin. Per Erlass hatte es das niedersächsische Agrarressort am Dienstag vergangener Woche bereits ermöglicht, dass nach Genehmigung Ferkel aus der Überwachungszone im Rahmen des Produktionszyklus auch in einen Betrieb derselben Lieferkette verbracht werden dürfen, auch wenn dieser außerhalb der Überwachungszone liegt.

Verluste für Tierhalter

Laut Özdemir werden zur Entlastung des Schweinemarktes nun auch Gespräche mit Kanada geführt, um die Modalitäten für die Wiederaufnahme des Exports von Schweinefleisch abzustimmen. „Die deutsche Tierhaltung liegt mir sehr am Herzen. Wir brauchen sie für natürliche Kreisläufe“, betonte der Minister. In den letzten Jahren hätten viele Schweinehalter aufgegeben, nicht zuletzt aufgrund der Auswirkungen der ASP.

„Ich möchte, dass auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland kommt. Nur so können wir für mehr Tierwohl sowie Klima- und Umweltschutz sorgen“, bekräftigte der Ressortchef. Deswegen werbe sein Ministerium in Brüssel dafür, dass die umfangreichen Schutzmaßnahmen der Länder und Betriebe honoriert würden, beispielsweise durch Fristverkürzungen.

Die guten Ergebnisse der Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen sprächen dafür, jetzt würden pragmatische Lösungen benötigt. Deshalb setze sich sein Haus, wie auch das Landwirtschaftsministerium in Hannover, für die Schlachtung von Schweinen aus den ASP-Restriktionsgebieten ein, so Özdemir. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) begrüßte den Antrag auf Fristverkürzung.

Dies sei „die wirksamste Maßnahme, um Druck aus dem Kessel zu nehmen und den betroffenen Betreiben zu helfen“. Von Bund und Land forderte die ISN aber erneut finanzielle Unterstützung für die Schweinehalter, die aufgrund staatlicher Quarantänemaßnahmen ohne Fehlverhalten starke Verluste erlitten hätten.

Bund soll Vermarktung sichern

Aufgrund der jüngst offen zu Tage getretenen Probleme bei der Vermarktung von Schlachtschweinen und deren Fleisch aus der niedersächsischen ASP-Zone sollen für kommende Ausbrüche der Tierseuche in Deutschland Schlachthöfe, Verarbeitungsunternehmen und Kühlhäuser vorgehalten werden, die Fleisch gesunder Tiere aus Sperrzonen verarbeiten und lagern.

Das sieht laut einem Bericht der „Neue Osnabrücker Zeitung“ ein geplanter Antrag der Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen für die kommende Agrarministerkonferenz (AMK) im September vor. Der Bund soll demnach prüfen, inwieweit entsprechende Unternehmen benannt werden können, die sich dafür „verbindlich verpflichten“.

Otte-Kinast hatte mehrfach kritisiert, dass die Fleischbranche - bis auf wenige Ausnahmen - zu wenige Schlachtschweine aus der Überwachungszone schlachte, weil die Verarbeitung und Vermarktung nicht mitzögen. „Da gibt es offenbar Versäumnisse der Verantwortlichen, wie bei einem ASP-Ausbruch die Kette aufrechterhalten werden kann“, monierte die Ministerin.

Ursache für ASP-Ausbruch ungeklärt

Während man in Niedersachsen noch auf eine Lockerung der Tierseuchenauflagen wartet, wurde drei Monate nach einem ASP-Ausbruch auf einem baden-württembergischen Schweinebetrieb in Forchheim die dortige Sperrzone am vergangenen Donnerstag wieder aufgehoben. In den drei betroffenen Landkreisen Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald und Ortenau können die 59 Schweinehalter ihre Tiere wieder frei transportieren.

„Vor allem die Schweinebetriebe in der Sperrzone haben unter den harten Vorgaben, die nach EU-Recht galten, gelitten. Umso mehr freut es mich, dass der Ausbruch der ASP in unserem Landkreis auf den einen Hof begrenzt werden konnte“, erklärte der Landrat des Kreises Emmendingen, Hanno Hurth. Wie es zu der Einschleppung auf den Hof kam, blieb trotz intensiver Untersuchungen ungeklärt. „Die Ursache des ASP-Ausbruchs ist höchstwahrscheinlich auf die Verfütterung von ASP-belasteten Speiseresten zurückzuführen“, vermutet die Leiterin des Emmendinger Veterinäramtes, Babette Bisang.

Neue ASP-Fälle im Osten

Andernorts war die Tierseuche jedoch weiter auf dem Vormarsch. Im brandenburgischen Kreis Spree-Neiße mussten die Restriktionszonen wegen erneuter ASP-Nachweise bei Wildschweinen erweitert werden. Nur 500 m von der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern entfernt gab es in der der Gemeinde Kołbaskowo in der Woiwodschaft Westpommern ebenfalls neue ASP-Nachweise bei Schwarzwild.

Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus mahnte deshalb zu erhöhter Wachsamkeit. „Es ist gut, dass wir entlang der deutsch-polnischen Grenze frühzeitig einen ASP-Schutzzaun errichtet haben und durch den Bau eines zweiten Festzauns einen sogenannten ASP-Schutzkorridor etablieren“, erklärte der Minister.

Diese doppelte Barriere schaffe zusätzliche Sicherheit, um einen Eintrag über wandernde Wildschweine möglichst zu verhindern. „Die Zäune sind aber nur ein Teil der Maßnahmen gegen ASP“, betonte Backhaus. Ein weiterer wichtiger Baustein sei die Jägerschaft. Diese sei zu verstärkter Schwarzwildbejagung und Fallwildsuche aufgerufen, weshalb in dem betroffenen Bereich die „Pürzelprämie“ wieder eingeführt werde.

Biosicherheit beachten

Auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber rief die Schweinehalter zur strikten Einhaltung und Überprüfung der Biosicherheitsmaßnahmen auf. Zwar habe es noch keinen Ausbruch im Freistaat gegeben, doch „belegen die jüngsten Fälle, dass mit einem Auftreten der ASP immer und überall in Deutschland gerechnet werden muss“.

Die Ministerin riet den schweinehaltenden Betrieben, das „Freiwillige Verfahren Status-Untersuchung ASP“ zu nutzen. Das sei ein Verfahren, mit dem schon vor Seuchenausbruch die Weichen gestellt werden könnten, um im Falle eines Ausbruches die eigenen Tiere leichter vermarkten zu können. „Bei dem Fall in Niedersachsen haben wir gesehen, welche enormen Vermarktungsprobleme die Einrichtung einer Sperrzone nach sich zieht“, erläuterte Kaniber. Deshalb unterstützten sowohl das Umwelt- als auch das Landwirtschaftsministerium eine Teilnahme an dem freiwilligen Verfahren bereits seit 2021 finanziell.

Zaunbau ein Fehler

Im Gegensatz zu vielen Politikern und Verbänden hält der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die massive Errichtung von Wildschutzzäunen für falsch. Mittlerweile seien davon mehr als 1.000 km errichtet worden, doch seien diese angesichts der ASP-Ausbrüche in Hausschweinehaltungen nicht nur wirkungslos, sondern richteten als ökologische Barrieren Schäden für Tier, Natur und Artenvielfalt an.

„Die ASP ist heute bereits endemisch“, erklärte NABU-Präsident Jörg-Andreas. Krüger. Um weiteren Schaden für Natur und Umwelt zu vermeiden, fordert der NABU den sofortigen Rückbau der langfristig angelegten Zäunungen. „Die aktuellen Maßnahmen sind nicht verhältnismäßig und müssen dringend auf den Prüfstand. Das Wildschwein darf nicht länger Sündenbock für eine einseitige Agrarpolitik sein“, betonte Krüger.

Das Problem sei nicht das Wildschwein, sondern der Mensch. Würden die Biosicherheitsstandards eingehalten, spiele das Wildschwein kaum eine Rolle. Die Verantwortung für die seuchenhygienische Absicherung liege vor allem bei den Betrieben, nicht bei der Allgemeinheit.

Probleme mit ASP-Impfstoff

Unterdessen hat die Hoffnung auf einen wirksamen Impfstoff gegen die ASP einen Rückschlag erlitten. Presseberichten zufolge hat Vietnam die Verwendung seines ersten selbst hergestellten Impfstoffs gegen die Tierseuche vorübergehend ausgesetzt, nachdem Dutzende von Schweinen, die damit geimpft worden waren, verendet sind.

Das Vakzin namens NAVET-ASFVAC wurde zusammen mit dem zum amerikanischen Landwirtschaftsministerium (USDA) gehörenden Agricultural Research Service (ARS) entwickelt und von der US-Behörde als sicher und wirksam geprüft (AgE 24/22, Länderberichte 9). Laut einem Beamten des vietnamesischen Landwirtschaftsministeriums wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die in die Provinz reisen wird, um den Tod der Schweine zu untersuchen.

Die ASP wurde erstmals 2019 in Vietnam festgestellt und hatte zur Folge, dass im darauffolgenden Jahr rund 20 % des dortigen Schweinebestandes gekeult werden musste. In diesem Jahr hat sich die Seuche bisher auf 753 Gebiete in 47 Provinzen ausgebreitet, was nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums zur Keulung von 36.500 Schweinen führte.
AgE
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